USA (Florida), 4. Bericht

11.11. – 30.11.2017

Nach Savannah fuhren wir der Küste Georgias nach südwärts. Das sumpfige Küstengebiet mit den vorgelagerten Inseln von South Carolina bis Florida ist Heimat der Gullah. Diese Nachkommen afrikanischer Sklaven haben eine eigne Sprache entwickelt und konnten sich viele Traditionen, wie Geschichtenerzählen, Musik und Kunsthandwerk bis heute bewahren.

Wir sind zur falschen Jahreszeit hier, im Mai findet das sehr sehens- und erlebenswerte Gullah-Festival statt.

Auch in Georgia hat der Hurrikan Irma grosse Schäden angerichtet und allerorts war man mit Aufräumen beschäftigt. Die Cumberland Island mit dem National Seashore Park war leider geschlossen, weil der Fähranleger vom Winde verweht wurde. So fuhren wir früher als geplant nach Florida.

St. Augustine wurde 1565 von den Spaniern (Juan Ponce de Leon) gegründet und ist die älteste dauerhaft bewohnte Siedlung der USA. Mit seinen verwinkelten Gässchen, den alten Gebäuden, Denkmälern und dem Geklapper der Kutschpferde ist die Stadt zwar kitschig, aber charmant und lädt zum stundenlangen Bummeln ein. Man wähnt sich irgendwo in Südeuropa und nicht in Amerika!

Die Strasse A1A führt am Meer entlang, manchmal sieht man es, häufig versteckt es sich hinter einer Reihe von Häusern. Hier an der Nordküste sind das eher Hotel- und Appartementüberbauungen der hässlicheren Sorte… Das Wetter war windig und oft bewölkt, das Meer stürmisch. In Daytona Beach fuhren wir nach der Bezahlung einer Tagesgebühr auf den harten Sandstrand. Hier fanden von 1938 an Autorennen statt. Heute gilt aber das strenge Tempolimit von 16 km/h. Ist man des Fahrens müde, parkiert man sein Auto und legt sich in den Liegestuhl. Bei schönem Wetter reiht sich hier Auto an Auto, wir waren zuletzt noch ganz alleine im Regen da. 🙂

Ganz im Nordosten von Florida
 
Das ehemalige Luxushotel in St. Augustine ist heute das Studentenwohnheim!
Fusshängerzone in Amerika!
St. Augustine
Erste Weihnachtsdekorationen
Studie in grau.
Camping auf amerikanisch: ein Riesen-Gefährt mit Fernseher in der Aussenwand eingebaut!
Schon wieder ist ein Haarschnitt nötig
Daytona Beach
Felix ging bei diesem misslichen Wetter sogar baden!
Pelikan in Daytona Beach

Auf der Höhe von Daytona liegt im Landesinneren der Ocala National Forest. Hierbei handelt es sich um Landreserven. Das Campieren ist kostenlos, man stellt sich einfach abseits der unbefestigten Strasse unter die Bäume. Wir fanden einen netten Ort an einem See. Als wir ankamen übten sich zwei Teenager im Tontaubenschiessen. Die Tonscherben landeten dabei natürlich im See und als ich später ans Ufer ging, lagen doch tatsächlich alle leeren Patronenhülsen einfach auf dem Boden. 🙁

Von der Natur-Pur fuhren wir nach Orlando. Wir hatten jetzt 30‘000 km auf dem Tachometer und der nächste Ölwechsel war fällig. In den nächsten zwei Tagen mussten wir viel herumstehen und warten, alles war zäh und langweilig, aber schlussendlich war alles zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt und sogar die Reparatur unserer Stossstange war organisiert. So nahmen wir uns einen Tag Urlaub in den Universal Studios. Schon nach der ersten Achterbahn war mir speiübel und es wurde im Verlauf des Tages nicht viel besser! Wieso wird mir schlecht, wenn ich doch so gerne krasse Bahnen fahre?

Von Orlando fuhren wir in die Landesinneren zum Lake Okeechobee, dem grössten See Floridas. Der riesige See besitzt drei Abflüsse, die alle in die Everglades münden. Hier übernachteten wir auf einem Gratis-Campingplatz mit nagelneuem Duschgebäude. Auch Pferde kommen hier gratis unter…

Von hier aus ging es wieder zurück an die Ostküste. Es riefen berühmte Strände und Orte wie „Jupiter“, „Palm Beach“, „Boynton Beach“, „Boca Raton“, „Pompano Beach“ „Fort Lauderdale“, „Miami“ und „Miami Beach“. Das Wetter war endlich wieder warm und das Meer eine verlockende Abkühlung. Die Strasse führt wie weiter im Norden hinter einer Häuserzeile der Küste entlang. Aber hier waren die Häuser eine Augenweide! Wunderschöne Villen und Anwesen unter Palmen. In meinem übernächsten Leben möchte ich gerne hier leben :). In Palm Beach bestaunten wir das umwerfende Anwesen von Henry Flagler (Erdölmagnat, der die Eisenbahn bis nach Key West baute, gest. 1913). In Fort Lauderdale fielen uns beinahe die Augen aus dem Kopf bei der Ansicht der fantastischen Häuser mit riesigen Yachten an der privaten Anlegestelle und in Miami Beach tranken wir einen Espresso für je 7$ und sahen keine perfekten Bodys, weil es erstens Montag war, und zweitens morgens. Zwischen all dem Pompösen fanden wir aber auch nette State Parks, wo wir uns in die Fluten werfen konnten.

Weit und breit kein anderer Mensch in Sicht
 
Ölwechsel.
 
auf diese Achterbahn wollte Felix nicht fahren...
 
 
 
Der Gratis-Campingplatz bei See Okeechobee
... mit Stallungen
Spaziergang durch das Feuchtgebiet
Das Umland des Okeechobee-Sees
Flaglers Winterresudenz in Palm Beach
In jedem Raum stand ein geschmückter Christbaum
Palm Beach war zu Zeiten Flaglers für Pferdekutschen und Autos gesperrt. Man(n) fuhr Fahrrad und Frau liess sich chauffieren
 
Vielleicht lag es ja auch am Wetter, das sich Schönen nicht blicken liessen. Miami Beach

Gesättigt von so viel „Kultur“ 🙂 machten wir uns auf den Weg in die Florida Keys. Wir hatten erstaunlicherweise einen Stellplatz im Pennekamp Coral Reef S.P. auf Key Largo ergattert und ich freute mich sehr auf einen Schnorchel-Ausflug. Bevor das aber losging, wurden wir von Millionen winziger Mückchen gestochen, oh weh, wo war denn der Mückenspray? Diese gemeinen Biester krochen auch durch die Fliegengitter und machten uns das Leben schwer! Draussen war es so heiss, die Fenster mussten offenbleiben. Jetzt sehnten wir uns nach einer Klimaanlage!

Beim Wäschewaschen kam ich ins Gespräch mit einer Dame, die seit vielen Jahren jeden Winter hier auf dem Camping unentgeltlich arbeitet und dafür gratis wohnen darf. Sie erklärte mir, dass in anderen Jahren der Campingplatz von Mitte November bis in den Frühling hinein total ausgebucht sei. Weil aber Hurrikan Irma so viel zerstört habe und so vieles noch nicht wieder offen sei, kämen die Snowbirds nicht. Ein Glück für uns! Während ich am nächsten Tag auf den 4 1/2-Stunden-Schnorchel-Ausflug ging, vertiefte sich Felix in seine Arbeit. Am Nachmittag mieteten wir uns ein Kajak und paddelten durch die Mangroven.

Inzwischen hatten wir uns noch schlauer gemacht und erfahren, dass weiter südlich kein anderer State Park seinen Campingplatz wieder öffnen konnte. So war unser nächstes Ziel ein Parkplatz in Key West. Verfahren kann man sich dabei nicht. Die Keys sind eine über 200 km lange Inselkette, die durch Brücken miteinander verbunden sind. Die Eisenbahn, die Henry Flagler 1912 in Betrieb nahm, fiel 25 Jahre später einem Hurrikan zum Opfer. Was von den Eisenbahnbrücken noch übrig war, ermöglichte keine drei Jahre später die Eröffnung des Overseas Highways. In den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde die noch heute benützte Strasse fertiggestellt. Und so fuhren wir übers türkisfarbene Meer und schluckten leer, mit jedem Kilometer mehr. Rechts und links der Strasse türmten sich Schuttberge auf. Ganze Bäume, Ziegel- und Backsteine, Wellblech und Plastik, Beton und Asphalt, ganze Kücheneinrichtungen, Matratzen, Schränke, Treppen und Verandabrüstungen, zerfetzte Wohnmobile und Mobilheime und kielhochliegende Schiffe warteten auf den Abtransport. Irma hat am 10. September zugeschlagen und die Aufräumarbeiten waren noch in vollem Gange. Alle versuchen, bis zur Hochsaison ab Mitte Dezember wieder bereit zu sein. Es mutet seltsam an, dass ein Haus ohne Dach dasteht und das Nachbarhaus unbeschädigt ist. Das Schicksal bestimmte, wer wieder von ganz vorne beginnen muss, und wer einfach so weitermachen kann, wie zuvor.

Etwas geschockt kamen wir im fröhlich-bunten, total intakten Key West an. Man kann die Stadt gut zu Fuss erkunden und das taten viele Touristen. Es war der letzte Donnerstag im November, also Thanksgiving. Fürs lange Wochenende hatten sich viele Sonnenhungrige eingefunden. Die vielen Geschäfte, Bars und Restaurants waren gut besucht und auf den Strassen ging es hoch zu und her. Wir hatten unser Wohnmobil geparkt und waren in 10 Fussminuten mitten im Geschehen. Wir liessen uns durch die kleine Stadt treiben, suchten für Filou den winzigen Hundestrand auf, tranken ein Bier am Hafen, stöberten durch die die Auslagen der Touri-Läden und bewunderten die schönen Häuser mit den tollen Veranden. Key West ist in mancher Hinsicht unkonventionell. Zum einen dürfen Hunde hier mit ins Restaurant, was sonst in den USA ein no-go ist, zum andern spazieren hier überall Hühner und Hähne frei herum. Wie in Nashville haben einige Bars den ganzen Tag (und die ganze Nacht :)) Livemusik und zum Sonnenuntergang trifft man sich (Hippies, Traditionalisten, Ausländer und Einwanderer) zur Strassenparty am Mallory Square. Im Licht der weihnachtlich geschmückten Palmen unterhielten Strassenkünstler die Touristen. Ein Gewitter bereitete dem lustigen Treiben ein vorschnelles Ende. Wer nicht in das nächste Geschäft oder die nächste Bar floh, wurde nass. Wir kamen auf dem Nachhauseweg in eine Bar mit schlechtem Wein und schlechtem Sänger. Am Tresen sass dafür eine sonderbare Gestalt. Was sie/er oben anhatte, seht ihr auf dem Bild. Und unten rum? Einen String! Ihr könnt euch bestimmt vorstellen, wie das auf dem Barhocker ausgesehen hat! 🙂

Am nächsten Morgen wurden wir vom Krähen der Hähne geweckt und wir fuhren für den Tag in den nahegelegenen Fort Zachary Taylor State Park zum Sonnen, Schwimmen und Arbeiten (jedem das seine :)) und abends stürzten wir uns nochmals ins Getümmel in der Duval Street.

Schnorchelausflug zum Korallenriff vor Key Largo
 
Am Strassenrand auf den Keys
 
 
 
Fussgänger in Key West. Uns kam es vor, als habe es viel mehr Hähne als Hennen.
 
 
Am Hafen von Key West
Ein ganz klein zusammenlegbares Elektrovelo
Schräger Vogel
Einfahrt eines Kreuzfahrtschiffes vom Strand des Fort Zachary Taylor Parks aus gesehen
Kurz vor Sonnenuntergang im Fort Zachary Taylor Park
Mit Felixes Handy aufgenommen 🙂
Abends in Key West
Weihnachtsdeko im ewigen Sommer
 
 
Der einzige Strand, der im Bahia Honda S.P. offen war. Die anderen hat Irma weggeschwemmt mitsamt dem Campingplatz. Im Hintergrund die Overseas Hwy
gestrandet
Braune Pelikane

Am Samstag fuhren wir wieder in Richtung Festland und den Everglades National Park. Wir campierten auf dem Long Pine Key Campground, da Irma den Campingplatz und das Visitor Center in Flamingo zerstört hat. Auch hier bleiben die Touristen weg. Es ist aber auch etwas enttäuschend, dass viele Trails gesperrt sind und keine Boots- oder Kajakausflüge in die Everglades angeboten werden können. Auf einem Boardwalk hielten wir Ausschau nach Alligatoren, wir sahen aber nur ihre Leibspeise, Schildkröten. Am zweiten Tag fuhren wir nach Flamingo, in der Marina soll man Seekühe und Krokodile sehen können. Und tatsächlich, wir schauten lange drei Manatees beim Spielen zu. Ich dachte, diese sanften Riesen müssten den ganzen Tag Seegras fressen, aber sie balgten sich stundenlang! Dem Ufer entlang schwammen derweilen die Krokodile und auf dem Pier sassen Geier und warteten auf tote Fische.

Weil wir an diesem Tag so viel Glück mit den Wildtieren gehabt hatten, beschlossen wir, den Spaziergang von vergangen Tag zu wiederholen. Als erstes begegneten wir einer Schildkröte, die ein Loch buddelte. Ein paar Meter weiter lag nun unser erster Alligator bewegungslos im Gras, die spitzen Zähne waren auch bei geschlossenem Maul zu sehen. Wir hätten ihn gerne mit einem Ästchen angestubst, mein Geschrei, wenn er sich bewegt hätte, hätte aber bestimmt den Ranger auf den Plan gerufen… In der Hoffnung auf mehr Action, spazierten wir weiter, kehrten aber enttäuscht zur schlafenden Echse zurück. Als wir auf den Parkplatz zusteuerten, kamen wir wieder an der Schildkröte vorbei und jetzt wurde uns klar, weshalb sie ein Loch gegraben hatte: In den nächsten zehn Minuten konnten wir ihr beim Eierlegen zuschauen. Was für ein einmaliges Erlebnis!

 

Übrigens hatte es in den Everglades viiiiiele Mücken! Ohne Spray ging ich nicht mehr vor die Türe des Wohnmobils! Auch im anschliessenden Big Cypress National Preserve wird das nicht besser. Dafür wimmelte es hier auch von Alligatoren. Die pfeifengerade Strasse, die durch den Sumpf führt, heisst Tamiami-Trail. Schöner Name, nicht? Ausser Alligatoren und Moskitos leben hier viele wunderschöne Vögel. Und irgendwo im hohen Gras versteckt sich der Florida-Puma. Rechts und links der Strasse gibt es einige Scenic Trails. Der erste lag streckenweise unter Wasser und war dann plötzlich gesperrt. Nachdem wir schon so weit gekommen waren, war ich versucht, die Absperrung kurz zur Seite zu räumen und durchzufahren… Im Visitor Center erkundigten wir uns nach dem Grund der Sperrung: schon wieder die Irma! Wir übernachteten auf einem Park-Campingplatz an einem kleinen See. Ausser den drei (!) Camping-Hosts, war der Platz leer. Wir wurden mehrmals gewarnt, auf Filou aufzupassen, er wäre ein hervorragender Alligator-Snack! Also spazieren wir abends und morgens vorsichtig um den See, uns zwischen Wasser und Hund haltend. Aber eigentlich hatte es rechts und links des Weges Wasser und Alligatoren sahen wir nur einen einsamen im See schwimmen. Dafür lagen sie im weiteren Verlauf der Strasse am Ufer des Kanals in der Sonne. Wir machten noch einen Abstecher auf einer unbefestigten Strasse durchs grasbewachsenen Sumpf und kamen den Viechern ganz nah.

Everglades City am Ende des Tamiami Trails ist wieder auf dem Gebiet des Everglades National Parks und wer anders als Irma ist für die Verwüstung zuständig? Nix mit Kajak fahren im Alligator verseuchten Gewässer! Na ja, wir hätten ja unser Gummikajak nehmen können, aber die Vorstellung, darin (vielleicht sogar mit Hund) einem Alligator zu begegnen, behagte uns überhaupt nicht.

Und gestern, als wir vom Campingplatz losfahren wollten, war es dann nach all den Monaten soweit: Das Wohnmobil hatten einen Plattfuss! Wie alte Profis nahmen wir das Rad weg, zogen die eingefahrene Schraube raus und flickten das Loch, wie gelernt. Wir waren zwar nicht schnell und das Auto stand dabei in der prallen Sonne, aber die Luft blieb den ganzen Tag drin! 🙂 So kamen wir verschwitzt an der Golfküste an und bestaunten in Naples wieder wunderschöne Häuser und gigantische Yachten. Zum Baden fanden wir einen netten Hundestrand mit seichtem, warmem Wasser. Nach zwei Stunden war der Filou mause und wir fuhren weiter nach Sanibel Island, wo wir ohne Hund baden gingen. Wieder in der Zivilisation stellten wir uns in eine dunkle Ecke eines Walmart-Parkplatzes und gingen auswärts essen. Nichts Besonderes, nur damit wir von der ewigen Kocherei mal Pause hatten!

Was für ein November! Immer in kurzen Hosen, T-Shirt und Flipflops unterwegs bei Temperaturen um 26°C!

Schildkröten im See von Royal Palms in den Everglades
 
 
 
Ein Weisser Reiher. Vielleicht aus Plastik, stand er doch am folgenden Tag am selben Ort
Sonnenuntergang im Campingplatz Long Pine Key
Wenn man einmal länger stillsteht, entdeckt man auch Schlangen
Von "Irma" zerstörter Boardwalk
Roseate Spoonbill
Krokodil in der Marina von Flamingo, Everglades
 
Geier beim Ausnehmen eines Fisches
Scho chli gruusig, oder?
Great blue heron
Sich balgende Seekühe
Naja, hübsch ist anders! 🙂
 
Alligator beim See von Royal Palms, Everglades
Eier-legende Schilkröte
Alligator im Big Cypress National Preserve
 
Ibisse
 
 
Besuch zum Frühstück
Reifen geflickt und wieder montiert
Begegnung am Hundestrand bei Bonita Springs an der Golfküste Floridas
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