29.8.-2.10.2019
Costa Rica ist etwas grösser als die Schweiz, hat halb so viele Einwohner und unglaubliche 27 Nationalparks! Hinzu kommen Unmengen von Naturschutzgebieten und private, der Öffentlichkeit zugängliche Naturparks. Bis in zwei Jahren, zum 200 jährigen Unabhängigkeitstag, möchte das Land CO2 neutral sein und ist auf dem besten Weg dahin. Die Energiegewinnung ist erneuerbar: Wind, Wasser und wenig Solar. Die Bewohner sind äusserst freundlich und sprechen ausnahmslos auch englisch. Die wunderbaren Strände sind für alle zugänglich und freies Campieren erlaubt und unproblematisch. Der Abfall wird fein säuberlich getrennt und überall stehen die nötigen Abfalleimer bereit!
1863 wurde die Schulpflicht eingeführt und beträgt heute neun Jahre. Die durch die Abschaffung des Militärs (1948) freigesetzten Gelder fliessen direkt in den Bildungssektor. Alphabetisierungsrate: mit 97% die höchste Lateinamerikas. Top Bildungssystem, Top in Natur/Umweltschutz.
Als ich nach fünf Wochen Heimaturlaub in Costa Rica landete, wurde ich von Felix am Flughafen in San José abgeholt. Er war schwer wiederzuerkennen: braungebrannt wie eine Röstkartoffel und mit zwei neuen Kriegsbemalungen (sprich Tattoos) ausgestattet. Während ich in der Schweiz weilte, hatten sich meine zwei Männer (Felix und Filou) in Beachboys verwandelt und waren jeden zweiten Tag von einem Strand zum 20km entfernten nächsten Strand weitergerollt. Und die Nicoya-Halbinsel im Norden Costa Ricas bietet deren viele!
Dieses Paradies wollten sie mir natürlich zeigen, doch zuvor wollten wir ein paar Vulkane im Landesinnere sehen. So fuhren wir nach La Fortuna am Fusse des Vulkans Arenal, der sich aber verschämt in eine Wolke gehüllt hatte. Wir liessen uns für zwei Nächte an der Plaza Central nieder, vielleicht würden sich die Wolken verziehen, und wir könnten etwas hoch“spazieren“. Von hier aus liess sich auch sonst viel unternehmen. So verliefen wir uns in einem kleinen Privatpark „Bogarin Trail“, trotz mitgelieferter Karte… und sahen dabei hoch oben in einem Baum ein faules Tier schlafen. Und klitzekleine rote Frösche mit blauen Beinen und bunte Vögel, darunter auch Motmots und Tukane. Und eine um einen Ast gewickelte Schlange.
Zu La Fortuna gehört auch ein beachtlicher Wasserfall. Hier holte ich mir meinen teuersten (in Costa Rica muss man beinahe überall Eintritt zahlen und meist nicht eben wenig) Muskelkater ever! Runter geht’s immer, aber die gefühlten 10’000 Stufen müssen dann ja auch wieder erklommen werden… Als sich nun die Wolke hob und den Blick auf den Vulkan Arenal freigab, waren meine Beine nicht in der Lage, irgendeinen Berg hoch zu wandern. So spazierte ich durch den „Hanging Bridges Park“, alleine, Felix wollte nicht, Filou durfte nicht. Na ja, Hängebrücken sind nicht jederManns Sache 😉 Am Nachmittag besuchten wir aber alle drei das Butterfly Conservatory am Arenal-See. Fasziniert haben uns dort natürlich die grossen Blue Morpho und die kleinen Schmetterlinge, mit durchsichtigen Flügeln. Zum Übernachten fuhren wir in die Schweiz am Arenal-See. Vor vielen Jahren kauften der Schweizer Franz Ulrich und seine Frau eine Finca über dem See und dekorierten das Gebäude, als ob es in der Schweiz stehen würde. Die vorbeifahrenden Leute hielten an, um zu fotografieren und so wurde die Idee eines Restaurants/Hotels geboren. Im Stall und auf den umliegenden Weiden stehen Schweizer Kühe, eine Schweizer Schmalspurbahn fährt den Berg hoch zu einem rotierenden Restaurant, vorbei an einer Kapelle, wie man sie in der Schweiz finden würde. Ein Idyll, nicht nur von Reisenden sehr geschätzt, die hier gratis auf dem Parkplatz übernachten können und Zugang zum Pool und den WCs haben. Nein, auch die Costa Ricaner (Ticos genannt) kommen her und geniessen das Ambiente.
Am nächsten Morgen machten wir ein Stück die Strasse runter einen Frühstückshalt in der „German Bakery“. Der Besitzer ist Musiker und hat schon mit Polo Hofer zusammen Musik gemacht. Eingedeckt mit leckerem Gebäck steuern wir einen weiteren Wasserfall an, den Catarata Rio Celeste im Nationalpark Volcan Tenorio, trotz schmerzenden Beinen eine lohnenswerte Wanderung.
Um in den nächsten Nationalpark Volcan Rincon de la Vieja zu gelangen suchte sich Felix die direkteste Route aus, in diesem hügeligen, wenig bewohnten Gebiet hiess das, dass wir stundenlang auf fragwürdigen Wegen herumholperten. Felix berät sich an solchen Tagen mit seinen drei Navigationssystemen, nicht mit mir! 🙂 Aber ich will mich nicht beklagen, die Gegend war traumhaft schön und wir erreichten auch unser Ziel, die Blubberteiche und Schwefelgestank-Fumerole des noch immer aktiven Vulkans.
Genug der Vulkane! Ich wollte jetzt endlich die sagenhaften Strände der Nicoya Halbinsel kennenlernen! Vor kurzem wurde ich gefragt, ob es auf meiner bisherigen Reise einen Ort gäbe, wo ich mir vorstellen könnte, zu leben. Ich beantwortete die Frage damals mit nein. Und jetzt? Jaaaaa! Zumindest im Winterhalbjahr.
Ich verstehe jetzt, wieso Felix und Filou so lange hier waren: lange, einsame Strände, warmer Pazifik, mal mit hohen Wellen, in Buchten aber auch ganz zahm und hinter dem Strand Dschungel mit brüllenden Affen und bunten Vögeln. Als erstes würde ich Wellenreiten lernen!
Die Regenzeit hatte sich eindrücklich zurückgemeldet, abends und in der Nacht gingen starke Regengüsse nieder und verwandelten die „Strassen“ in Matschpisten und die Bäche in braune Flüsse. Brücken hat es nicht überall, so mussten wir auch mal einen grossen Umweg in Kauf nehmen, weil ein Fluss nicht furtbar war. Dadurch verpassten wir dann leider auch die Strandstrasse, die man nur bei Ebbe befahren kann.
Nach einer Woche verliessen wir das Paradies, wir wollten gegen Ende September Costa Rica verlassen, und es gab noch soviel zu sehen. Wir setzten mit einer Fähre aufs Festland über, kauften in Puntarenas ein und fuhren zu DER Brücke. Krokobrücke. Da steht man auf einem schmalen, erhöhten Gehweg, Autos und Lastwagen donnern an einem vorbei und im Fluss Rio Grande de Tarcoles unter uns, tummelten sich dutzende Krokodile. Ein schauderlich-schönes Erlebnis. Naja, ohne Lastwagen, die einem beinahe von der Brücke windeten, wäre es auch gut gewesen…
Wir blieben dem Pazifik treu und fuhren südwärts. Und endlich sahen wir die ersten Schwärme von roten Aras. Das heisst, zuerst hörten wir sie… was für eine Beleidigung für unsere Ohren, aber was für ein schöner Anblick!
Es folgten ein Strand nach dem anderen, manche felsig, manche sandig. Natürlich gibt es hier auch Hotels, im Grossen und Ganzen ist die Küste aber unverbaut und für jeden zugänglich. Tags über war es sehr heiss, so hielten wir endlich an einer Garage und liessen unser Klimaanlage reparieren. Seit unserem Besuch einer Garage in Nicaragua (!!!) schrie sie ununterbrochen, so dass wir uns nur getrauten sie einzuschalten, wenn weit und breit kein Mensch zu sehen war. Nach zwei Minuten war der Fall erledigt. Und dafür brauchten wir ganze zwei Monate! 😉
Unseren Hochzeitstag feiern wir im Nationalpark Manuel Antonio. Nicht ganz alleine, handelt es sich doch um den meistbesuchten Park in Costa Rica. Aber die meisten Besucher tummelten sich an den fantastischen Stränden, die Wanderwege und Kapuzineräffchen hatten wir fast für uns alleine. Der Ort Manuel Antonio bietet von dutzenden Hotels über Casinos, Discos und Bars bis hin zu abenteuerlichen Baumkronentouren alles, um die zahlreichen Gäste länger als einen Tag „gefangen“ zu halten.
An der Costa Ballena sahen wir keine Wale, obwohl diese sich vom Spätsommer bis Dezember hier herumtreiben. Wahrscheinlich haben sie dieses Jahr Verspätung. So genossen wir die unglaublich schönen Strände und die Wellen. Nur immer darauf achten, dass die Füsse den Meeresboden berühren, sonst reisst einen die starke Strömung ins Meer hinaus. Den Nationalpark Marino Ballena besuchten wir wegen Filou nicht, er hätte zu lange alleine bleiben müssen.
Ein bisschen Kultur zogen wir uns im „Archeological site Finca 6“ rein. Seit den letzten Maya-stätten in Guatemala die erste Ausgrabung seit langem. Die indigenen Völker hinterliessen in Costa Rica nur wenige Zeugnisse ihrer Kultur. Die im Süden des Landes gefundenen perfekt kugelförmigen Steine wiegen bis zu 15 Tonnen und man weiss weder wie sie hergestellt, noch wie sie transportiert wurden oder wofür sie gedacht waren. Vermutlich wurden die Kugeln zwischen 0 und 300 nach Christi hergestellt. Um die Fundorte herum gibt es weit und breit keine Felsen, aus denen die Kugeln gemacht sein könnten, sie wurden also von weit weg hergebracht. Die ersten schriftlichen Zeugnisse der Steinkugeln stammen von den spanischen Konquistadoren im Jahre 1547. Sie gerieten danach in Vergessenheit und wurden 1939 von der Standard Fruit Company wiederentdeckt, als sie Wald für eine Bananenplantage rodeten. Wir waren an diesem Tag die einzigen Besucher dieses Unesco Weltkulturerbes.
Um abgelegene Orte zu erreichen gibt es immer verschiedene Möglichkeiten, die offizielle und dann noch die andere. Die andere war diesmal eine Fähre über den Fluss Sierpe und eine „Strasse“ über die Berge, von der wir von „in der Regenzeit nicht passierbar“ bis „ganz OK“ alles gelesen hatten. Aber entweder wurde die Strasse ausgebaut, oder die Schreiberlinge sind Hasenfüsse! Wir hatten mitten in der Regenzeit überhaupt keine Probleme. Die Fähre zu Beginn war das Aufregendste am Ganzen. Ziel unserer Fahrt war die Halbinsel Osa ganz im Süden Costa Ricas und der südlichste, wildeste Nationalpark Corcovado. Der Weg dahin muss halt eben erkämpft werden. Wir kauften die Eintrittskarten in Puerto Jimenez und machten uns gleich auf den Weg, streckenmässig nicht sehr lang, aber zeitintensiv. So mussten wir unterwegs übernachten, da es am Eindunkeln war. Felix fragte auf einem Bauernhof und wir wurden von der ganzen Familie begrüsst und willkommen geheissen. Am nächsten Morgen fuhren wir weiter und kamen nach etwa einer Stunde ans Ende der Strasse. Um zum Nationalpark zu gelangen, mussten wir von hier aus noch über eine Stunde laufen. Filou blieb im Womo zurück im Schatten des Urwaldes. Wir packten unseren Rucksack und marschierten los, zum Teil am Strand, zum Teil im Dschungel, überquerten Bäche und Flüsse, sahen Affen, Aras, unglaubliche Bäume und atemberaubende, einsame Strände. Kaum im Nationalpark begann es zu regnen und hörte nicht mehr auf, bis wir nach sechs Stunden wieder beim Parkplatz waren. Zum dritten Mal diese Woche waren wir bis auf die Unterwäsche nass, es wurde langsam schwierig, die nassen Kleider trocken zu bekommen. Bald würden bei uns Pilze wachsen! So hängten wir alles Nasse ins Badezimmer und liessen die Heizung laufen… bei über 25 Grad Ausssentemperatur. 🙂
Filou war seit Tagen nicht mehr so quirlig wie gewöhnlich. Beim Spazieren trottete er lustlos mit grossem Abstand hinter uns her und hätte lieber ganz darauf verzichtet. Dass er sein Futter auch mal zwei Tage stehen lässt, sind wir uns gewohnt, nun ass er aber schon vier Tage kaum etwas und wenn doch, musste er sich übergeben. Zudem hatte er ein sabberndes Auge. Für uns war es an der Zeit, einen Tierarzt zu suchen. Wir konsultierten unsere IOverlander-App und machten uns auf den Weg nach San Isidro, etwas im Landesinneren. Dort sind wir nun seit über zwei Wochen stationiert und mussten um das Leben unseres süssen Pudels bangen. Nach und nach kam das ganze Ausmass seiner Erkrankung ans Licht: Nierenversagen, Bauchspeicheldrüsenentzündung, Leberentzündung. Er wurde an eine Infusion gehängt, bekam Antibiotika und Schmerzmittel. Tags über sassen wir bei ihm und hielten Pfötchen, nachts nahm ihn das Tierarzt-Ehepaar mit zu sich nach Hause, um ihn unter Kontrolle zu haben. Am Wochenende lebte Filou bei Ihnen und wir machten einen Ausflug in die Berge, um die prächtigen Quetzal-Vögel zu sehen. Natürlich nahmen wir dazu wieder eine „Abkürzung“ über die Berge…
Trotz Intensivpflege hatte Filou eines Abends einen Krampfanfall und ich hielt ein zuckendes, strampelndes Tier im Arm, bis das sofort gespritzte Beruhigungsmittel seine Wirkung tat. Seither geht es langsam aber sicher aufwärts und die extrem engagierten Tierärzte staunen, dass er noch am Leben ist. Die Zeit der Zwangsernährung ist vorbei, nun heisst es, die richtige Nahrung für Filou zu finden. Auch hier unterstützt uns das Tierärzte-Paar wunderbar. Jeden zweiten Tag fahren wir jetzt noch für eine Antibiotika-Spritze vorbei, am Sonntag auch in ihr Privathaus. Wir haben wieder mehr Freiheit und diese verbringen wir in der Umgebung von San Isidro oder am Meer. Vielleicht können wir Ende Woche unsere Reise fortsetzen? Es gibt noch einiges zu sehen hier im Land und eigentlich wäre geplant gewesen, Ende September nach Panama weiterzureisen… Manchmal wird man eben vom Leben ausgebremst…
Übernachtet haben wir in dieser Zeit in den Bergen oberhalb von San Isidro auf dem Gelände des Hundeheims „Charlies Angels“, wo wir Küche und Bad mit heisser(!!!) Dusche nutzen durften. Das hört sich jetzt etwas laut an, aber die Hunde schlafen erstaunlicherweise nachts ganz brav! Das Hundeasyl gehört einer Deutschen (Tanja), ein amerikanisch /argentinisches Paar (Shannon und Marcos) führt den Betrieb zusammen mit Volontären aus Deutschland (Nina), England (Jamie), Belgien (Max) und seine Freundin aus Frankreich (Aline). Alles perfekt hier, wenn es nur nicht so oft regnen würde…