27.7.-31.8.2024
Nach unserem Heimaturlaub kamen wir Ende Juli in Lima an. Da gerade Nationalfeiertag war, konnten wir unser Wohnmobil noch nicht abholen, weil die Zollbehörde ein langes Wochenende genoss. So bezogen wir ein Hotel im Stadtteil Miraflores und genossen die Stadtbesichtigungen ohne Sorgen um Womo und Hund. Am ersten Tag nahmen wir wieder einmal an einer Free Walking Tour teil, wo Einheimische einem ihre Stadt zeigen und das Ganze mit Geschichte und Anekdoten würzen. Zum ersten Mal fand ich den Guide sehr doof, aber wir hielten bis zum Schluss durch und gaben ihm sein Trinkgeld.
Am zweiten Tag spazierten wir durch Miraaflores und den Stadtteil Barranco bis zum Meer hinunter und ein Taxi brachte uns wieder in die Innenstadt, wo wir für den Parque de la Reserva Tickets online gekauft hatten. Der Park beherbergt viele Brunnen, die abends mit Lasershows präsentiert werden. 1 Km vor dem Eingang zum Park sahen wir die Menschen zu viert nebeneinander Schlange stehen, um Einlass zu finden. Wir dachten, die müssten alle noch ein Ticket kaufen und liefen an der Schlange vorbei. Aber es gab nur diesen einen Eingang! Das waren uns ganz entschieden zu viele Menschen und wir kehrten um. Keine Lasershow, dafür ein feines Essen in einem guten Restaurant! Am dritten Tag besuchten wir die Pyramiden Huaca Pucllana mitten zwischen modernen Gebäuden. Zwischen 200 und 700 n.Chr. hatte die „Lima-Kultur“ hier ihr politisches und zeremonielles Zentrum. Speziell sind die aufgestellten Lahmziegel mit Abständen dazwischen. So waren die Gebäude vor Erdbeben sicher. Dass die Anlage noch beinahe vollständig erhalten ist, ist dem geringen Regen in Lima zu verdanken. Von hier nahmen wir wieder ein Uber. Wir wollten den Aussichtsberg Cerro San Cristobal hochgefahren werden. Aber der Fahrer kannte den Weg nicht und als er bei einer Baustelle mitten im Armenviertel nicht weiterkam, meinte er, wir müssten aussteigen. Wir weigerten uns und forderten ihn auf, uns in dem Fall ins historische Zentrum zu fahren. Er murrte zwar, aber wir versprachen ihm mehr Geld, dann klappte das auch. So streiften wir durch Chinatown und den Marktbezirk und fuhren zum letzten Mal zurück in unser Hotel in Miraflores. Am nächsten Tag war es endlich soweit, der Zoll hatte sich angemeldet und würde uns beim Wohnmobil treffen, um die Suspendierung des TIP aufzuheben. Alles klappte wunderbar und wir fuhren gleich los, um Filou in seiner Familie abzuholen. Der freute sich vielleicht, uns wiederzusehen!
Den ersten Abend verbrachten wir mit take away Pizza über Reiseführer und Landkarte und legten die Richtung unserer Reise durch den Norden Perus fest. Die Lebensmittelvorräte hatten wir schon tags zuvor aufgefüllt und so konnten wir am Mittwoch, 30.Juli zu neuen Abenteuer aufbrechen.
Unser erstes Ziel war das Amazonasgebiet, die Nordselva im Osten Perus. Wir überquerten die Anden und gelangten in ein Gebiet, wo man 1857 hauptsächlich deutsche, schweizerische und österreichische Auswanderer hin verfrachtet hatte. Man versprach ihnen ein ähnliches Klima wie in der alten Heimat und auch landschaftlich sollte es dem Herkunftsland ähneln. Nur war das Gebiet noch kaum erschlossen und so starben viele der neuen Siedler schon auf der zweijährigen Wanderung über die Anden an den Strapazen. Zehn Jahre später folgten nochmals 210 deutschsprachige Einwanderer und mit den Jahren wurden sie und ihr Tal vergessen. Erst nach dem 2. Weltkrieg erinnerte man sich an die Immigranten, die sich eine eigene Welt erschaffen hatten. Der Bau der ersten Strasse 1975 brachte vermehrt spanischsprechende Peruaner ins Gebiet und inzwischen sprechen die Kinder kein Deutsch mehr. Trotzdem hat die Hilfe aus Österreich und Tirol in den letzten Jahren die Lebensbedingungen der Einwohner von Pozuzo und Oxapampa stark verbessert. Wir bestaunen die gar nicht peruanischen Häuser und Kirchen, die Parks mit den in Trachten gekleideten Statuen. Und wir freuten uns natürlich über den feinen Käse, den wir hier kaufen konnten. Mit einer vollen Kühltruhe fuhren wir weiter. Wir hatten gedacht, bald im flachen Amazonasgebiet zu sein, aber eine Hügelkette reihte sich an die nächste und das Rauf- und Runtergekurve wollte nicht enden. Mitten in einer Bergfahrt vernahmen wir ein seltsames Geräusch und als ich ausstieg, um nachzusehen, entdeckte ich, dass wir mit dem rechten Hinterrad auf dem Felgen fuhren! 🙁 Wir waren wohl im letzten Weiler über eine dicke Schraube gefahren. Bevor wir überhaupt den Wagenheber unterlegen konnten, mussten wir den Reifen aufblasen. Dann ging alles relativ schnell. Unser Flickkurs liegt zwar schon acht Jahre zurück, aber glernt isch halt glernt! 🙂
Endlich erreichten wir das Flachland und, gerade noch rechtzeitig vor dem Dunkel werden, einen Platz für die Nacht. Am nächsten Tag fuhren wir nach Pucallpa, wo die Strasse endet. Will man weiter ins Amazonasgebiet vordringen, muss man auf lange, schmale Motorboote umsteigen und zum Beispiel in 2-3 Tagen nach Iquitos tuckern, das tatsächlich am Amazonas liegt. Wir begnügten uns mit Pucallpa, das am breiten Rio Ucayali liegt. Die Stadt ist chaotisch, überall wuseln Tuctucs herum und schneiden dir frech den Weg ab. An den Ständen am Strassenrand werden exotische Früchte verkauft, welche auf dem Flussweg angeliefert werden.
Den zweiten Tag verbrachten wir an der Laguna Yarinacocha und fuhren durch Dörfer der Shipibo, welche hier leben. In San Francisco, einem bekannten und viel besuchten Indigenendorf trafen wir auf vier Jungs, etwa 5 – 6 Jahre alt. Diese begannen unaufgefordert uns ein Lied vorzusingen und forderten danach eine Propina. Wir wollten ihnen kein Geld geben, lieber ihren Eltern, die kleine Verkaufsstände am Steg führten, etwas abkaufen. Aber auf alte Chips und warmes Cola wollten wir uns trotzdem nicht einlassen und da die Kinder nicht nachliessen, verteilte Felix ihnen je etwas Kleingeld. Dieses Betteln der Kinder kommt zwar selten vor, aber wir haben später noch ähnliche Situationen erlebt. Einmal spazierten wir durch eine Kleinstadt auf dem Gehsteig und kamen an einer offenen Tür vorbei, wo eben ein kaum 2jähriges Mädchen das Haus verlassen wollte. Sie stutzte, schaute uns mit grossen Augen an und hielt uns dann die hohle Hand entgegen! Ein Kleinkind!!! Ein weiteres Mal fragte mich ein kleiner Junge nach meinem Namen und ohne auf meine Gegenfrage zu reagieren, begann er ein Lied mit meinem Vornamen zu brummen. Ich wusste, was folgen würde und drehte ihm den Rücken zu und ging. Mir sind solche Situationen sehr unangenehm und ich gebe bettelnden Kinder aus Prinzip nichts. Vielleicht haben sie tatsächlich Hunger, aber will ich mit meinem Verhalten dieses Betteln fördern? Sollen Kinder von ihren Eltern dazu erzogen werden, dass alle Gringos melkende Geldsäcke sind? Nun, wie ich mich auch verhalte, ich habe immer ein schlechtes Gewissen.
Aber zurück zur Laguna Yarinacocha: Ich kaufte einer Shipibofrau eine teure Handarbeit ab, sozusagen, um mein schlechtes Gewissen zu beruhigen. 😉 Ich frage mich, was ich zu Hause mit all diesen Souveniers anstellen soll! 🙂 Den Nachmittag verbrachten wir dann gemütlich mit nicht allzu lauter Musik auf einer schönen Wiese an der Laguna. Einheimische gesellten sich nach und nach zu uns, assen wie ich ein Eis des fliegenden Eisverkäufers und badeten im recht klaren Wasser des Sees.
Wir fuhren wieder Richtung Anden, an Wasserfällen und mit Bromelien und Orchideen behangenen Bäumen und Felswänden vorbei. Gegen Abend erreichten wir Tingo Maria, dass sich als Tor zum Amazonas bezeichnet. Für uns war es ein vorläufiger Abschied von Amazonien, denn wir überquerten den Pass Abre Carpish und befanden uns schon wieder auf 2700 M.ü.M. In Huánuco besuchten wir die Ruinen von Kotosch, die aus Prä-Chavínzeit (ca 2000 v.Chr.) stammen. Hauptsächlich findet man Überreste von Rundhäusern. Im Tempel wurden Darstellungen von gekreutzten Händen entdeckt, welche sich nun im Archäologischen Museum in Lima befinden. In Kotosch selber sind Replikas zu sehen.
Über La Union erreichten wir die Inkaruinen von Huánuco Viejo (oder Huánuco Pampa) auf einer Hochebene. Es handelt sich hierbei um eine Tempelfestung mit den typischen, akkurat gebauten Mauern, einer Badeanlage, Rundhäusern, Trapeztoren und dem Castillo, der Zeremonienplattform auf dem Höchsten Punkt der Anlage. Wir waren beinahe alleine in den Ruinen, ein paar Arbeiter gruben Löcher und ein weiteres Paar besichtigten wie wir den Tempel. Auch Filou bekam Gesellschaft von einen Jack Russel Terrier, der uns den ganzen Weg begleitete, unter unserem Womo schlief, und auch am nächsten Morgen mit auf den Spaziergang kam. Wir merkten, wie Filou hier oben auf 3400m viel munterer war, als in den feuchtwarmen Gebieten zuvor. Er tollte richtiggehend herum! Bis der kalte Regen einsetzte und er mit seinem Freund Zuflucht unter dem Wohnmobil fand, bis wir endlich, ziemlich nass und durchgefroren, auch ankamen.
Von La Union nahmen wir eine „Abkürzung“ durch die Anden in Richtung Huaraz. Der Gedanke war, gleich auf dem Weg dahin einige der Sehenswürdigkeiten der Umgebung Huaraz „reinzuziehen“, die an dieser „Strasse“ lagen. Kaum waren wir abgebogen, sass ein altes Männchen am Strassenrand und bat, mitgenommen zu werden. Ich willigte ein. Für mich heisst die Mitnahme einer weiteren Person immer, dass ich in der Kabine Platz nehmen muss, während unser Gast auf dem Beifahrersitz Platz nimmt. Deshalb stimme ich nur in Ausnahmefällen zu. Das grosse Bündel des kleinen Mannes war so schwer, dass ich es nicht alleine ins Wohnmobil heben konnte! Ich nahm meinen Platz auf der Bank ein und los ging die Holperfahrt. Festklammern konnte ich mich am Fensterrahmen und mit den Beinen stemmte ich mich gegen das Bett. Da die Fenster so hoch angesetzt sind, sah ich nichts, nada. Ich kann euch sagen, wie unangenehm das ist! Frau sitzt da hinten, das Wohnmobil schaukelt sich durch die Schlaglöcher immer wieder auf, die Piste ist eng und rechts oder links geht es steil hinunter! Ich konnte mich nur festhalten und hoffen, die Fahrt zu überleben. Etwa eine Stunde fuhr der alte Mann mit uns mit, dann stieg er aus, weil er jetzt beinahe zu Hause sei. Wir sahen weit und breit kein Haus! Er schleppte sein schweres Bündel zu einem kleinen Hügelchen, setzt sich und wuchtete sein Gepäckstück auf seinen Buckel. So zog er weglos bergab, wo irgendwo seine Frau in der Hütte auf ihn wartete. Einsam, ohne Nachbarn in der kargen Gegend auf 4500M.ü.M. Schafhirte sei er.
Ich nahm wieder vorne Platz und stellte fest, dass die Piste nicht ganz so schlimm war, wie sie sich angefühlt hatte. Schmal halt und von Schlaglöchern übersäht, aber nur selten gerieten wir in Schräglage. Die Umgebung war wunderschön, wir fuhren an Schneebedeckten Bergen mit hängenden Gletschern vorbei. Gegen Mittag erreichten wir den vollen Parkplatz des Gletscher Pastoruri. Ui, war hier viel los! Nach dem Mittagessen machten wir uns auf den nur 2,5km langen Fussmarsch zum Gletscher. Aber 2,5km, die es in sich hatten! Von 4800m auf 5100m hoch! Ich bekam einfach nicht genug Luft! Vielleicht hätte ich doch eines der angebotenen Pferde mieten sollen… Der Rückweg zum nun leeren Parkplatz sagte mir viel besser zu. Die Pferde hatten ihren strengen Arbeitstag beendet und waren frei für die Nacht. So frei, wie man eben mit zusammengebundenen Vorderbeinen sein kann. Um zu laufen, müssen sie mit den Vorderbeinen gleichzeitig in die Luft und nach vorne hüpfen. Die Hinterhand kommt dann nach. Sieht nicht toll aus, aber die Pferde sehen gepflegt und wohlgenährt aus und ich entdecke auch keine Wunden.
Wir machten uns auf den Weg ins Tal. Die unbefestigte Strasse war hier bedeutend besser, schliesslich werden hier täglich Horden von Besucher hoch und wieder runter kutschiert. Bald erreichten wir die zweite (offizielle) Sehenswürdigkeit der Strecke, die Puya Raimundi, die die Berghänge zieren. Die Pflanze kann bis zu 10 Meter hoch wachsen und ist somit das grösste Ananasgewächs (Bromelie) der Welt. Die Puyas beginnen erst nach 50 bis 75 Jahren zu blühen. Nach der Blüte sterben sie ab. Leider sahen wir die Grünkopf-Andenkolibris, die die Blüten umschwirren nicht, es war schon nach 17.00 Uhr und sie hatten wohl Feierabend. Wir erreichten das Tal, gingen etwas Essen (keine so tolle Auswahl) und bekamen die Nachricht, dass der Anwalt John, wo das Wohnmobil den ganzen Juli in Lima eingestellt war, unsere Probleme mit dem viel zu kurzen TIP (temp. Importerlaubnis des Womos) noch nicht hatte lösen können und ein langes Wochenende anstand. Am Dienstag würden wir ganz bestimmt die Verlängerung bekommen… aber unser TIP lief am Montag ab. Für uns war das alles zu unsicher und wir beschlossen, uns auf den Weg nach Ecuador zu machen. 1000km in drei Tagen. Normal kein Problem, aber bei diesen Strassen und unserem langsamen Wohnmobil eine weite Strecke. Wir wechselten uns beim Fahren ab und erreichten am 11. August Piura, wo Filou und ich ein Hotelzimmer bezogen. Es hätte zeitlich gar nicht gereicht, die Grenzpapiere für Filou zu machen. So fuhr Felix alleine zur Grenze und war am nächsten Tag wieder in Piura. Leider hatten er und das Womo nur 50 Tage bekommen. Sie müssen Ende September ausreisen und ich darf bis Ende Oktober bleiben! 🙂 Wir werden sehen…
Zuerst schauten wir uns aber jetzt mal ganz gemütlich einige Sehenswürdigkeiten an der Nordküste Perus an. Wir fuhren auf der Panamericana nach Chiclayo und besuchten im Dorf Sipán die riesigen Adobepyramiden aus der Mochica-Kultur (ab ca. 100 n.Chr.). Erst 1917 wurde man auf die Pyramiden aufmerksam. Man muss wissen, dass diese aus ungebrannten Lehm-Ziegelsteine bestehen, die zwar in einer sehr trockenen Zone verbaut wurden, aber durch viele El Niño-Regenfälle zerfielen und die Pyramiden jetzt wie Lehmberge aussehen.
Neben den beiden Pyramiden, die für Zeremonien verwendet wurden und durch riesige Rampen miteinander verbunden sind, fand man 1987 verschiedene Gräber, darunter jenes 5×5 Meter grosse Grab des „Herrn von Sipán“. Die Grabbeigaben des etwa 40-45 Jahre alten Herrschers waren zahlreich und von unschätzbarem Wert. Neben den herrlichen Schmuckstücken und Tongefässen, fand man auch die Skelette von acht weiteren Menschen, die bei der Grabzeremonie geopfert wurden: Der fusslose Grabwächter (damit er auch im Tod nicht davonlaufen konnte), drei junge Frauen, ein etwa 10-jähriger Junge und drei Mochica-Krieger. Daneben lagen die Überreste von zwei Lamas und eines Hundes.
1988 fand man das unzerstörte Grab des „alten Herrschers von Sipan“, 1990 das „Grab des Priesters“. Bis 2010 waren über 15 Gräber freigelegt.
Vor Ort findet man hauptsächlich Replikate, die Originale befinden sich im wundervollen Museo Reales de Sipán etwas weiter nördlich in Lambayeque.
In der Umgebung sind viele weitere verwaschene Adobepyramiden von grosser geschichtlicher Bedeutung zu finden, welche wir aber nicht besuchten.
Uns zog es von der Nebelküste weg in die meist sonnigen Anden. Natur und alte Kulturen standen weiterhin im Vordergrund. Auf der östlichen Seite der Anden wanderten wir durch den Regenwald zu einem der höchsten Wasserfälle der Welt, die Catarata Yumbilla. Die Höhenangaben des dreistufigen Wasserfalls schwanken zwischen 870 und 896 Meter, somit gehört er zu den 10 höchsten Wasserfällen der Welt. Trotz Trockenzeit führte er Wasser, ist aber nur ein Rinnsal verglichen mit dem Rheinfall.
Bevor wir die sehr schöne Colonialstadt Chachapoyas ansteuerten, spazierten wir vom Örtchen Lamud aus bergab zu den Statuen von Karajia. Bei diesen handelt es sich um Sarkophage aus Holz, Bambus und Lehm, welche kauernde Mumien enthielten. Wie die Statuen in der Steilwand platziert wurden, bleibt ungeklärt. Sie entstammen der Chachapoyas-Kultur (ca. 500 bis 1470 n.Chr.). Mehr zu dieser Kultur später.
Chachapoyas ist die schönste Stadt, die wir bisher in Peru gesehen haben. Wir liessen uns an einem kleinen Platz unweit der Fussgängerzone nieder, brachten unsere Schmutzwäsche in die Wäscherei, spazierten durch die gepflegten Gassen zum Hauptplatz mit der Kathedrale und gingen fein essen. Da unsere Wäsche am nächsten Tag noch nicht fertig war, unternahmen wir einen Ausflug nach Huancas, um in den tiefen Cañon del Sonche zu blicken. Leider bei nicht soooo toller Sicht. Der Rio Sonche fliesst etwa 1000 Meter unterhalb des Aussichtspunktes. Sehr spektakulär! Nach einem neuerlichen guten Nachtessen gingen wir früh schlafen, holten am nächsten Morgen unsere Wäsche ab und machten uns auf den Weg nach Kuelap, der einstigen Hauptstadt des Chachapoyas Volkes. Erschlossen ist die Ausgrabung über eine Gondelbahn, wir fuhren aber wegen Filou auf schmalen Strassen hoch. Von der Bergstation geht es über Treppen und Wege zu den Ruinen hoch. Kuelap, auch Machu Picchu des Nordens genannt, thront auf dem höchsten Berg der Umgebung und ist von 20 Metern hohen Mauern umgeben. Vor wenigen Jahren stürzten einige der Mauern ein und die Anlage konnte nicht besucht werden. Heute sind an manchen Orten noch Archäologen zu Gange und nur ein Teil der Stadt kann besichtigt werden. Es gibt drei Zugänge zur Anlage, wovon die zwei im Osten heute noch als Ein- und Ausgang für Touristen gebraucht werden. Zu sehen gibt es Grundmauern von etwa 400 Rundhäusern, die Steinmauern zum Teil mit geometrischen Muster verziert. Die weiter obenliegenden Gebäude gehörten wohl den Herrschern. Den Komplex des „El Castillos“ auf zwei Plattformen gelegen konnten wir nur von unten anschauen. Auf dem Gelände wurden auch Mumien gefunden, die seltsamerweise blondes Haar hatten. Die Chachapoyas sollen auch grösser als Menschen anderer Völker gewesen sein.
Den Namen erhielten die Chachapoyas von den Inkas. Er bedeutet „Nebelkrieger“ oder „Wolkenmenschen“. Sie bauten ihre Siedlungen immer auf Bergrücken und zwar so, dass sie von wenigen Kriegern verteidigt werden konnten und kaum einnehmbar waren. Erst kurz vor Eintreffen der Spanier wurden sie von den Inkas besiegt. Trotz harten Strafen und Deportationen kämpften die Chachapoyas weiter und verbündeten sich schlussendlich mit den Spaniern im Kampf gegen die Inkas.
Ein weiteres Highlight der Fahrt war der Besuch von Revash. Wir erreichten das Dörfchen San Bartolo und wurden für die Nacht auf eine Wiese verwiesen (anstatt neben dem Hauptplatz). Nach dem Dunkelwerden fand nämlich ein kirchliches Fest auf und um der Plaza statt. Neben den obligaten Böllerschüssen und Feuerwerken trugen die Einwohner in einer Prozession eine Heiligenfigur auf den Schultern um den Platz. Wer nicht trug, hielt eine brennende Kerze in der Hand. Filou mag die Knallerei gar nicht und zitterte den Abend lang am ganzen Körper. Obwohl solche Rituale sehr spannend zu beobachten sind, waren wir froh, als kurz nach 22:00 Uhr Ruhe einkehrte. Am nächsten Morgen wanderten wir zuerst über breite, flache Treppen, dann über schmale Pfade zu den unter Felsvorsprüngen vom Regen geschützten Grabhäuschen. Übrigens ganz ohne andere Besucher! Die Bestattungshäuschen haben Fenster und sind rot und gelb bemalt. Sie enthielten ebenfalls kauernde Mumien, welche heute im Museum vom Leymebamba bestaunt werden können. Das war unser nächstes Ziel, aber zuest mussten wir die 2 km zurück zum Womo hinter uns bringen. Auf dem Hinweg hatten wir eine Gruppe Menschen beim Schlachten eines Schweines auf einer Wiese gesehen. Als wir zurückkamen, wurde gerade das Fleisch verteilt. Wilde Hunde schlichen herum und warteten nur darauf, etwas zu erwischen. Filou war froh, nicht in ihrem Fokus zu stehen. 🙂
Nun kurvten wir wieder die Strasse hinunter und erreichten am frühen Nachmittag das Mumien-Museum von Leymebamba.
Trotz der fortgeschrittenen Zeit fuhren wir danach weiter und hatten keine Ahnung, was vor uns lag, nämlich der einspurige Pass Calla Calla. Die Strasse war mit Schlaglöchern übersäht und wir kamen nur langsam voran. Je länger wir brauchten, desto verzweifelter suchten wir nach einem Übernachtungsplatz. Auf den Ausweichspuren ging das schlecht und die wenigen Angaben im iOverlander sagten uns nicht zu. So fuhren wir den ganzen Berg hinunter und fanden zu Beginn des nachfolgenden Passes ein wohl nie bewohntes, neueres „Geisterdorf“, das wir im Dunkeln erreichten. Die Bergstrassen hier in Peru sind laaaaange und mühsam! Nach dem dritten Pass schauten wir uns die wundervolle Mosaikkirche von Polloc an und erreichten bald Baño del Inca, wo wir am nächsten Morgen ein wohltuendes heisses Bad in einem Privatpool genossen. Für meine durchgeschüttelten Knochen eine echte Wohltat! Danach bestaunten wir weitere Totennischen, Fensterchen von Otuzco genannt, nahe bei der Stadt Cajamarca.
In der grossen Stadt fuhren wir eine Werkstatt an, um einen Service machen zu lassen und waren zwei Stunden später mit frischem Öl, gewaschenem Wohnmobil und schön gefettetem Unterboden unterwegs ins Stadtzentrum, wo wir in der Nähe des Hauptplatzes eine ebene Strasse zum Übernachten fanden. Wir waren noch fit genug für einen Stadtrundgang/Hundespaziergang und gingen dann ins beste Restaurant der Stadt Meerschweinchen essen. Die niedlichen Tierchen schmecken wie… nun, vielleicht wie Hühnchen oder Hase. Die vielen Knöchelchen sind aber mühsam zum Abnagen, so dass das wahrscheinlich mein erstes und einziges Meerschweinchen war.
In Cajamarca wurde übrigens der Inkakönig Atahualpa 1533 auf Geheiss des Spaniers Pizarro hingerichtet. Pizarro war mit nur 177 Soldaten in die Inkastadt einmarschiert und sah sich einem 50’000 Mann-Heer von Inkakriegern gegenüber. So bat er Atahualpa zu einem Gespräch und nahm den Inka gefangen. Dieser versprach dem Spanier, zwei Zimmer des Hauses mit Gold zu füllen für seine Freilassung. Pizarro willigte ein und gab dem Atahualpa 2 Monate Zeit. Aus dem ganzen Inkareich wurden Goldgegenstände herbeigeschafft, welche die Spanier an Ort und Stelle zu Goldbarren einschmolzen. Inzwischen hatte Atahualpa weitere Truppen nach Cajamarca berordert. Pizarro wurde nervös, klagte den Inka wegen Hochverrats und Gotteslästerung an und liess ihn hinrichten. Dieser Akt gilt als der Anfang vom Niedergang des Inkareichs.
Es folgte der Samstag, den man aus dem Kalender streichen kann: Wir versuchten am Morgen mehrmals (und erfolglos) die archäologische Zone von Cumbemayo zu erreichen. Vor allem interessierte uns dort ein präinkaische Wasserkanal und der heilige Felsen. Der Kanal wird auf 1500-1200 v.Chr. datiert und weist ein durchschnittliches Gefälle von 1,5% auf. Leider sind wir dort nie angekommen. Beide Navis wollten uns auf unterschiedlichen Wegen dort hinbringen. Das eine durch die Armenviertel von Cajamarca über extrem steile Strassen und Wege, das andere über eine Zufahrt, die wir mehrmals passierten und ungläubig anstarrten. Nein, das konnten unmöglich die offiziellen Zufahrten zu einer archäologischen Stätte sein! Mit viel Überwindung nahmen wir die steile Zufahrt dann doch unter die Räder. Und es wurde danach noch steiler! Ohne Untersetzung wären wir wieder rückwärts den Hang runter gerollt. Aber wir erreichten tatsächlich einen Wegweiser. Nur zeigte der in eine Richtung, wo wir nicht hinfahren wollten. Wir gaben enttäuscht auf, fuhren zum Mittagessen auf einen flachen Platz und da entdeckte Felix die Ölspur am Vorderrad. Ist schon wieder etwas kaputt? Unser Mechaniker in der Schweiz meinte, es könnte der Simmerring sein, ein Dichtungsring, der baldmöglichst ersetzt werden sollte. Felix fand im Internet 2 Toyotawerkstätten „in der Umgebung“. Eine kleine in Huaraz, wohin wir eigentlich unterwegs waren, und eine grosse in Trujillo am Meer. Wir entschieden uns fürs Meer, weil wir dachten, die nötigen Ersatzteile seien da eher zu bekommen. So ärgerlich, dass wir unsere Fahrtrichtung schon zum zweiten Mal unterbrechen mussten wegen Emma! Die Strecke führte uns durch ewiges Auf und Ab an ärmlichen Siedlungen vorbei, wo unser Lächeln nie erwidert wurde. An vielen Bergflanken brannte das dürre Gras, dazwischen hausten Minenbesitzer, die den Berg durchlöcherten. Wieder erreichten wir nicht den Ort, den wir zum Übernachten ausgesucht hatten und nahmen in einer nicht einsehbaren Kiesgrube Unterschlupf für die Nacht. Es wurde dunkel, wir hatten gegessen und den Abwasch erledigt und spielten ein Spiel, als uns plötzlich Rauch in die Nase stieg. Felix öffnete ein Fenster und sah, dass die Wiese über der Kiesgrube brannte. Wir waren zur Hälfte schon vom Feuer eingekreist, der Weg zur Strasse war aber noch frei. So packten wir in aller Eile alles zusammen und fuhren los. Bei der Einfahrt in die Strasse sah ich, dass wir nicht in die Richtung hätten fahren können, aus der wir gekommen waren, das Buschfeuer wütete auch auf der Strasse. Wir fuhren im Dunkeln eine halbe Stunde, bis wir an einer Lagune einen Platz (voll Müll) für den Rest der Nacht fanden. Seltsam, dieses Feuer! Nichts hatte um das Dorf herum gebrannt, als wir es durchfuhren. Könnte das Feuer uns gegolten haben? Wurden wir doch beobachtet? Die Indigenen waren hier zwar unfreundlich, aber sowas konnten wir uns doch nicht ganz vorstellen. Trotzdem, ein kleiner, leiser Verdacht bleibt.
Obwohl wir es eilig hatten, nach Trujillo zu kommen, gönnten wir uns unterwegs noch die Ausgrabungsstätte Marca Huamachuco. Die Anlage wurde zwischen 400-300 v.Chr. erbaut und erstreckt sich über 5 Km in der Länge und 400 M in der Breite. Wegen neuen Ausgrabungen kann nur die Hälfte der Ruinen Besucht werden. Nach einem gemütlichen Spaziergang durch dir Ruinen, bei dem Filou uns auch wieder begleiten durfte, fuhren wir wieder die steile, kurvige und einspurige Piste 800 Höhenmeter den Berg hinunter und setzten unsere Fahrt nach Trujillo fort. Und tatsächlich erreichten wir die Grossstadt noch vor Sonnenuntergang! Von unserem Street Camping zwischen einer Plaza und dem Fussballstadion war es nicht weit zur Toyotawerkstatt. So eine grosse Werkstatt habe ich noch nie gesehen! Wir mussten Emma dort lassen und wurden um 15:00 zurückerwartet. So marschierten wir los, schauten uns die Stadt an, blieben in jedem Park eine Stunde sitzen, assen auf einem Mäuerchen zu Mittag, schliefen auf einer Bank sitzend ein und waren um halb drei wieder bei Toyota. Zu früh. Aber die Sessel im Wartebereich waren sehr bequem! Und um drei Uhr erfuhren wir, dass wir die Fahrt nach Trujillo umsonst gemacht hatten. Dem Auto fehlte nichts, nur der Schmierfink in der Werkstatt in Cajamarca hatte es mit dem Fetten allzu gut gemeint und das überflüssige Fett lief über die Innenseite des Vorderreifens. Und die 400 sinnlose Kilometer wollten jetzt auch wieder in die andere Richtung gefahren werden. Oder beinahe. Für uns schien die Fahrt durch den Cañon del Pato die vernünftigste Strecke zu sein, obwohl wir diese schmale, langsame, löchrige Strasse schon mal gefahren waren. Aber es hilf alles nichts, sie brachte uns dahin, wo wir hinwollten, nämlich in die Nähe von Huaraz, wo wir noch einiges sehen wollten.
Zum Beispiel die Laguna Parón, zu der man hochfahren kann. Zwei Kilometer vor dem See hat im Januar (Regenzeit) ein riesiger Felssturz die Strasse mitgerissen, von hier muss jetzt (und wohl für immer) zu Fuss gegangen werden. Die Farbe des Sees ist so unglaublich, dass man den Blick nicht davon abwenden kann! Wir spazierten zuerst dem Seeufer entlang, assen ein Picknick und machten uns dann auf den steilen Aufstieg zum Mirador. Gegen Ende der kleinen Wanderung muss man über Felsblöcke klettern, keine Paradadisziplin von Filou, Felix musste ihn tragen. Wenigstens waren wir beinahe alleine dort oben, alle anderen Besucher hatten uns beim Aufstieg passiert. Aber heiss war es! Wir kletterten den schattenlosen Berg wieder hinunter. Als Filou unten einen schattenspendenden Busch entdeckte, rannte er voraus, drehte sich zu uns und wartete im Kühlen auf uns. Die Rinder hinter dem Busch hatte er nicht gesehen. (Augen???) und dass sich ihm ein neugieriges Rind bis auf zwei Meter näherte, merkte er auch nicht (Ohren???). Vielleicht war es seine Nase, die ihn auf die Gefahr hinwies, er drehte nämlich plötzlich den Kopf und erschrak dermassen, dass er mit eingezogenem Schwanz davonsauste. Und ich auf dem Berg machte mir vor Lachen beinahe in die Hose. Ich glaube, Filou ist richtig alt.
Meine nächste Wunschdestination war die Laguna 69. Auch hier mussten wir zuerst durch Dörfer und Äckern fahren, bevor es in engen Kurven auf engen Strassen den Berg hochging. Da wir hier durch einen Nationalpark fuhren, waren die Strassen aber bedeutend besser als tags zuvor. Schliesslich wurden hier täglich Horden von Besucher in Reisebussen hochchauffiert. An den ersten beiden Lagunen entlang der Strasse reihten wir uns unter die vielen meist einheimischen Touristen. Nach der zweiten Lagune erreichten wir den Campingplatz des Parks. Hier begann die Wanderung zur Laguna 69. Da es aber schon Nachmittag war, also zu spät zum Loslaufen, fuhren wir den einspurigen Pass hoch bis zur Passhöhe auf 4730 Metern. Und wieder zurück auf den Campingplatz auf 3800 M.ü.M. Von hier aus starteten wir als Allererste mit der Wanderung zum Lago 69, nämlich um 6:45 Uhr. Der Weg führte gemütlich dem Fluss entlang bergan, an Eseln und Kühen vorbei durch ein wunderhübsches Tal. Dann wurde es steiler, aber die Aussicht war fantastisch und bot immer wieder eine Ausrede zum Ausruhen. Im ersten Steilhang wurden wir von einer dreiköpfigen deutschen Familie mit Guide überholt, die diese Wanderung als Aufwärmübung für ein 10-tägiges Trecking nutzten. Wir erreichten eine Lagune und ich dachte eigentlich, hier wären wir am Ziel, aber der Wegweiser wies uns weiter. 1 Stunde stand auf der Tafel. Nach einer kurzen flachen Strecke begann der eigentliche tödliche Aufstieg für den ich 2 Stunden brauchte. Ich schaffte nur immer 20 Schritte, bis ich mich wieder ausruhen musste. Am liebsten wäre ich ja wieder umgedreht, aber die Wanderung war auf meinem Mist gewachsen… Also quälte ich mich Meter für Meter (insgesammt 800 Höhenmeter) bergauf und wir erreichten zur Mittagszeit die wundervolle Laguna 69 auf 4600 M.ü.M. Natürlich waren wir inzwischen von etlichen Wanderern überholt worden und der Ufer des Sees war schon recht gut belegt. Da aber die deutsche Familie sich eben wieder an den Abstieg machten, übernahmen wir ihren Rastplatz, ruhten uns aus, schauten uns die unglaublich schönen Berge rundum an und fragten uns, wie lange man hier wohl noch Gletscher bestaunen kann. Als immer mehr Wanderer an der Lagune ankamen und der Platz schon etwas eng wurde, war es für uns Zeit, den Abstieg in Angriff zu nehmen. Erschöpft kamen wir beim Wohnmobil an und blieben gleich noch eine Nacht da stehen. Im iOverlander war geschrieben, dass man für den Aufstieg 3 Stunden und für den Abstieg 2,5 Stunden benötigen würde. Das gilt wohl nur für jung und dynamisch und zu dieser Kategorie gehöre ich weiss Gott nicht mehr.
Als wir am Sonntag den Rückweg ins Tal unter die Räder nahem, staunten wir ab dem Gegenverkehr. Ich glaube, ganz Peru hat an diesem Tag einen Ausflug in den Nationalpark Huascaran gemacht! Ob wohl alle zur Laguna 69 hochwollen?
Wir schrieben den 31. August. Uns blieb nur noch einen Monat für Zentral- und Südperu. Ab jetzt war Eile angesagt, viele Highlights hatten wir noch vor uns.