1.-27.9.24
Der zweite Teil unserer Tour durch Peru könnte einem Reiseprospekt entsprungen sein. Wer eine 2-3wöchige Reise durch Peru bucht, wird DIE Highlights des Landes besuchen: Cusco, Machu Picchu, das heilige Tal, Arequipa, Colca Cañon, Nascalinien, Puno mit den schwimmenden Inseln, Regenbogenberge. Da das Land doch recht gross ist, ist bestimmt der eine oder andere Flug dabei. Für uns nicht, wir spulten Kilometer um Kilometer ab, um diese fantastischen Sehenswürdigkeiten zu sehen.
Wir nahmen die dreitägige Strecke nach Cusco unter die Räder, lieferten Filou bei einer Familie ab und machten uns auf den Weg zu den Salinen von Mara, die schon zu Inkazeiten auf dieselbe Weise bewirtschaftet wurden. Einige Familien sind im Besitz einiger der Becken. In Gemeinschaftsarbeit werden diese gehegt und das Salz ausgeschaufelt, in Säcke verpackt und verkauft. Jede Familie bekommt den gleichen Anteil des Erlöses. Der Anblick der etwa 3’000 blendendweiss bis gelborangen Salzbecken ist beeindruckend. Auch die Spanier waren damals begeistert und liessen die Inkas gleich für sich weiterarbeiten…
Unser nächstes Ziel war Ollantaytambo, wo wir das Wohnmobil stehen liessen und auf den Zug umstiegen. Wir hatten in Machupicchu Pueblo (ehemals Aguascalientes genannt) für zwei Nächte ein Hotel gebucht, und die Stadt ist nur per Zug oder zu Fuss über einen der Inkatrails erreichbar. Übrigens hatten wir noch keine Eintrittskarten für Machu Picchu. Hätten wir online buchen wollen oder über ein Reisebüro, so hätten wir erst für Mitte November Tickets erhalten! Wir hofften auf zwei der 1000 Karten an der Tageskasse. Dafür muss man am Morgen des Vortages anstehen und erhält eine Nummer. Diese Nummer kann man dann am späteren Nachmittag gegen eine Eintrittskarte eintauschen. Mit einer tieferen Nummer kann man Tour 1, 2 oder 3 auswählen. Kommt man mit einer hohen Nummer daher, ist die Tour 2 höchstwahrscheinlich schon ausgebucht, diese ist nämlich die beliebteste.
Da wir den Zug schon frühmorgens nahmen, erhielten wir die Nummer 160 und 161 und hatten dann nachmittags um vier noch alle Touren zur Auswahl. Dann ging es zum Busbilletschalter, wo man nochmals Geld liegen lässt, aber den Berg hochlaufen wollte ich am nächsten Tag auf keinen Fall!
Was macht man mit dem Rest des Tages in Machupicchu Pueblo??? Es ist echt das schlimmste Touristen-Dorf, das ich je gesehen habe! Es besteht nur aus Souvenirgeschäften, Hotels und aneinandergereihten Restaurants, die alle einen Kellner haben, der einem ins Lokal locken will. Du spazierst also durch die Hauptgasse und wirst alle 5 Meter angesprochen! Da das Restaurant, das an unser Hotel angeschlossen war, als das Beste der Stadt angepriesen wurde, genossen wir unser erstes Abendessen gleich da. Wisst ihr was die leckerste Zubereitungsart für Quinoa ist? Sämig würziges Quinotto! Ich könnte das jeden Tag essen. Und sonst stören mich ja immer die Kügelchen zwischen den Zähnen, das passiert einem bei Quinotto nicht. Unbedingt mal probieren!!!
Wir gingen früh schlafen und stellten uns um 9 Uhr am nächsten Morgen in die Schlange für den Bus. Unsere Eintrittszeit für die Ausgrabungen war um 11 Uhr und der Bus braucht etwa 15 Minuten den Berg hoch… Es hatte auch Menschenschlangen für den Einlass um 10 und es warteten auch noch einige Personen, deren Eintrittszeit um 9 gewesen wäre… Busse kamen und Busse gingen und wir staunten ob dem organisierten Chaos! Aber es klappte und endlich, nach beinahe zwei Stunden in der Sonne stehen, waren wir an der Reihe und die Vorfreude kam endlich auf! Die Busfahrt um zig Haarnadelkurven war spektakulär und die seltsam geformten Berge erinnerten an China. Dann entdeckten wir die ersten Gemäuer von Machu Picchu und erhaschten einen Blick auf den Berg Wayna Picchu, der über der Inkastadt thront. Mein Herz schlug schon etwas schneller… Wäre die Covid-Pandemie nicht gewesen, wäre Peru damals unser nächstes Reiseland gewesen und seither sehne ich mich danach, diese mystische Stätte besuchen zu dürfen. Endlich war es soweit und dass ich hier absolut nicht alleine war (täglich mind. 3’500 Besucher) störte mich gar nicht. Manchmal suchten wir ein ruhiges Eckchen auf, um den Anblick auf uns wirken zu lassen, manchmal belauschten wir Tourguides, die ihrer Gruppe Interessantes erklärten. Wir schlenderten und staunten ab den Mauern, ab den Heiligtümern, ab den Häusern der einfachen Menschen, den Werkstätten (vermutlich), dem Intellektuellen-Quartier, dem Haus des Wächters, das die ganze Anlage überblickte und dem über allem thronende Berg Wayna Picchu. Nach drei Stunden hatten wir unsere Tour 2 abgelaufen und standen wieder Schlange für den Bus ins Tal. Diesmal warteten wir aber gar nicht lange, bis wir in einen der vielen Busse einsteigen konnten und die Berge hinunterkurvten.
Nach einem weiteren Abend im Machupicchu Pueblo brachte uns der Zug am nächsten Morgen zurück nach Ollantaytambo und zu unserem Wohnmobil.
Wir fuhren durch das Heilige Tal, in dem jedes noch so kleine Dorf eine archäologische Stätte aufzuweisen hat. In Polloc besuchten wir die Ausgrabungen und staunten ob den Inka-Terrassen, die weit den Berg hoch reichten. Oder besser gesagt, weit ins Tal reichten. Das alte Inkadorf liegt nämlich auf dem Berg. Es hätte hier noch vieles mehr zu besichtigen gegeben, aber der einsetzende starke Wind drohte uns von den Felsen zu blasen! Wir übernachteten auf einem Parkplatz in Neu-Pollac und holten am nächsten Morgen Filou ab, bevor wir den Campingplatz von Cusco aufsuchten. Wir waren etwas erschrocken, soviele Wohnmobile und Menschen vorzufinden und hatten gar nicht das Bedürfnis, zu plaudern. So spazierten wir ins historische Zentrum hinunter und schlenderten durch die Kolonialstadt. Immer wieder stösst man dabei auf Überreste der ursprünglichen Inkastadt. Vor allem die typischen Mauern stützen heute Spanisch anmutende Gebäude und bei jedem gröberen Erdbeben werden Gemäuer aus der Inkazeit freigelegt, welche von den Spaniern überbaut worden waren. Zum Beispiel den Sonnentempel unter einer Kirche…
Abends brachten wir Filou mit dem Taxi wieder zum Campingplatz auf dem Berg und machten uns ohne ihn auf in eines der leckeren Restaurants. Reservierung? Nein, haben wir nicht! Ich weiss nicht, ob wir dies in Südamerika je zuvor gefragt wurden! Aber wir befanden uns in einer Touristenhochburg. Hauptsächlich war Französisch und Englisch zu hören.
Wieder sassen wir bis in alle Nacht hinein über den Landkarten. In welche Richtung sollten wir die folgende Rundreise beginnen? Wir entschieden uns, Richtung Meer zu fahren und den Nazca-Linien einen Besuch abzustatten. Wieder fuhren wir zwei lange Tage und hoben am Sonntag, dem 15.9. mit einer 8plätzigen Cessna ab in den Himmel über den 2’000 Jahre alten Linien in der Nazcawüste. Obwohl wir beide zuvor eine Anti-Kotz-Tablette genommen hatten, wurde es Felix zur Halbzeit schlecht und er griff nach dem bereitgestellten Beutel, welchen er aber nicht brauchte. Dem Mann neben mir ging es noch schlechter… Ich blickte aus meinem Fensterchen, genoss den Flug und freute mich sogar am Kippen des Flugzeuges auf die eine und dann auf die andere Seite. Nach knappen 40 Minuten war der Flug vorbei und Felixs Absturzphantasien erwiesen sich als unbegründet. Hatte er wirklich dem Ticketverkäufer gesagt, er müsse ins Womo einbrechen und den Hund herausholen, sollten wir nicht zurückkommen??? 🙂
Wir fuhren der Küste entlang südwärts, assen ein letztes Mal frittierte Meeresfrüchte in einem Restaurant am Strassenrand, wo besonders viele Lastwagen davor parkiert waren. Hier musste das Essen gut sein! Dann bogen wir ins Landesinnere ab und folgten dem Rio Camaná 40 Kilometer durch Flussoasen. Hier wurde hauptsächlich Reis angebaut, aber auch Mais und Gemüse. Dazwischen standen Mango- und Papayabäume und Bananenstauden. Die Berge rundum waren staubtrocken und bildeten einen einzigartigen Kontrast zum Grün des Flussufers. Wir übernachteten in diesen Bergen bei Toro Muerto, einer archäologischen Stätte wo Tausende von Lavafelsbrocken herumliegen, welche mit Petroglyphen übersät sind. Der Abendspaziergang mit Filou war also eine Entdeckungstour zwischen Lavafelsen und der Spaziergang am nächsten Morgen ebenfalls. Der Parkwärter erklärte uns auf unser Fragen, nein, wir dürfen hier nicht übernachten. Aber er habe es einfach nicht gesehen. Und nein, der Hund dürfe nicht mit auf Besichtigungstour, aber auch das habe er einfach nicht gesehen… Die beinahe Vollmondnacht zwischen den weissen Felsen war extrem hell und herrlich ruhig!
Weiter ging die Fahrt nun dem Rio Majes entlang durch die immer schmaler werdenden Äcker und Gärten. Dann wurde die Strasse steil und einspurig und wir überquerten den 4’248 M hohen Coropuna Pass der auf der anderen Seite ins Tal der Vulkane führte. Das Tal ist beinahe komplett mit Lavagesteinsflüssen gefüllt und die Strasse schlängelt sich diesen entlang. Welches jetzt genau die Vulkane waren, fanden wir nicht heraus. Wir hätten da einen Platz für die Nacht suchen sollen aber da es noch „recht früh“ war, fuhren wir weiter durch eine sehr schmale Schlucht. Die schlechte Piste hoch über dem Rio Mejes brauchte viel Zeit und im steilen Gelände war kein Übernachtungsplatz zu finden. So eine Strecke willst du nicht im Dunkeln fahren, aber wir erreichten den Ort Huambo erst nach Einbruch der Nacht. An der Plaza wurden wir freundlich aufgenommen, nur die Hunde jagten Filou Angst ein, so dass der Spaziergang sehr kurz ausfiel. Als ich zurückkam war Felix immer noch am Plaudern und das Nachtessen stand nicht auf dem Tisch. Zur Strafe wurde er von kleinen Stechviechern in die Beine gebissen… :). Ja, diese Miststücke beissen dir tatsächlich ein Stück Fleisch heraus! Anscheinend gebe es die jetzt auch schon am Gardasee! Bald haben sie die Alpen überquert und fressen sich durch Bülach. Das juckt dann tagelang!
Ausser dem Gebell der Hunde war die Nacht ruhig und wir starteten gut erholt in den nächsten Tag. Vorbei an den typischen Terrassen erreichten wir den Colca-Cañon, der vom höchsten der umliegenden Berge bis zum Rio Colca 3269 Meter tief ist. Von dort, wo wir standen ging es immer noch stolze 1200 Meter runter. Der Canyon soll der dritttiefste der Erde sein. Wir hielten an einem Aussichtspunkt an und bestaunten das tiefe Tal ganz ohne den Massentourismus, den wir Am „Cruz del Condor“ vorfinden würden. Und obwohl es nicht mehr früher Morgen war, entdeckte Felix zwei Kondore, die über uns kreisten. So nah hatten wir diese riesigen Andenvögel noch nie gesehen! Als sie talaufwärts verschwanden, machten wir uns auf den Weg zum nächsten Aussichtspunkt, der überquoll von Menschen. Viele sassen auf Mäuerchen und warteten auf Kondore, die aber nicht kamen ;-). Wir spazierten den Wegen entlang, links der Blick in den Canyon, rechts der Blick auf Souvenirs. Vor uns Touristen und hinter uns noch mehr Touristen, die den vielen Bussen entstiegen waren. Wir verabschiedeten uns von dem Rummel und fuhren an vielen Vulkanen vorbei nach Arequipa, wo wir für zwei Nächte auf einem Campingplatz in Zentrumsnähe unterkamen. Die schöne Stadt besichtigten wir am nächsten Morgen wieder einmal mit einer Free Walkingtour, wobei unser Guide seine Sache sehr gut machte. Trinkgeld verdient! Es schlich sich auch niemand kurz vor Ende der 2,5 stündigen Tour ohne zu bezahlen davon! Felix und ich scherzen immer darüber, wer von der Truppe wohl einen Abgang machen wird. 🙂
Für uns hiess es schon wieder weitereilen. Puno am Titicacasee war unser nächstes Ziel und eine Tagesreise entfernt. Hier stellten wir uns auf die Wiese eines Hotels und liessen uns am nächsten Tag per Taxi zum Hafen bringen, wo wir eine Halbtagestour zu den schwimmenden Inseln der Uros buchten. Einen halben Tag konnte Filou schon alleine im Womo bleiben. Zudem gefiel ihm Puno nicht. Die wilden Hunde haben sich zu kleinen Rudeln zusammengeschlossen und sind sehr aggressiv. Das haben wir so in ganz Südamerika nicht erlebt. Sonst verhielten sich immer die Haushunde territorial und die Strassenhunde liessen einem in Ruhe oder waren freundlich-neugierig. Ich weiss nicht, was hier schiefläuft. Als ich sie von Filou wegjagen wollte, knurrten sie sogar mich böse an! Saufrech!
Die Bootstour zu den schwimmenden Inseln ist sehr touristisch und wir zweifeln sehr daran, ob die „Bewohner“, die wir auf der von uns besuchten Insel auch wirklich dort lebten und nicht vielleicht am frühen Morgen ebenfalls mit dem Boot herüberkamen. Was gegen diese meine Theorie spricht ist, dass es eine Schulhausinsel gibt… Sei es wie es sei, uns wurde gezeigt, wie eine Insel „gebaut“ wird. Dafür werden Wurzelstöcke von Schilfrohr ca 1x1x1 Meter gross herausgesägt, viele dieser Wurzelstöcke am gewünschten Inselplatz nebeneinandergelegt und nach etwa einem Monat haben sich die Wurzeln verbunden. Auf die entstandene Fläche wird nun Lage für Lage bis zu einem Meter hoch Schilfgras gelegt und fertig ist die Insel. Beim Gehen fühlt sich der Boden beinahe Trampolin-ähnlich an. Natürlich durften wir auch einen Blick in die Hütten werfen und Souvenirs kaufen. Wer wollte, konnte auf einem traditionellen Boot eine Runde aus dem See mitfahren, ein zusätzliches Einkommen für die Uros. Nach einem kurzen Halt auf einer Restaurantinsel tuckerten wir wieder nach Puno zurück und fuhren mit dem Tuctuc zum Hotel zurück.
Unser Peru-Aufenthalt näherte sich dem Ende, spätestens in einer Woche musste Emma das Land verlassen haben. Unsere Weiterfahrt führte uns wieder in die Anden, wir wollten hier noch eine Sehenswürdigkeit besuchen: den Rainbow Mountain, Cerro de Siete Colores genannte Berg Vinicunca. Bei der abendlichen Anfahrt begann es erst zu regnen und je höher wir hochfuhren, desto mehr verwandelte sich der Regen in Schnee. Und kalt war es! Die Dorfbewohner hatten ihre Souvenirstände bereits in Plastik gehüllt, als wir auf dem ursprünglichen Parkplatz ankamen. Sie offerierten uns aber die Toiletten und wünschten uns eine gute Nacht. Felix spazierte noch eine Runde mit Filou und bestaunte schneebedeckte Alpacas. Denen schien die Kälte nichts auszumachen! Filou und Felix waren froh, wieder ins Trockene kommen zu können und die heisse Suppe wärmte zumindest Felixs Knochen.
Auch am nächstem Morgen waren die Hänge rundum noch schneebedeckt und ich fürchtete, den farbigen Berg unter einer Schneeschicht vorzufinden. Während wir noch im Bett lagen fuhren die ersten Touribüsschen aus Cusco vor und spuckten ihre Fuhr vor den Toiletten aus. Ich glaube die Busse fahren um 4 Uhr in der Früh in Cusco ab… Dann wurde wieder eingestiegen und weiter ging die Fahrt zum „neuen“ Parkplatz viel weiter oben und näher am Cerro Vinicunca. Auch wir folgten ihnen bald. Eigentlich hatte ich Felix gesagt, dass ich hier nicht hochlaufen werde. Ich würde hochreiten, oder auf einem Motorrad oder Quad Platz nehmen. Aber er dachte, das sei ein Scherz von mir gewesen. Jetzt sind wir seit 33 Jahren verheiratet und er denkt tatsächlich noch, ich würde bei solchen Sachen spassen??? Dann lief ich halt! Mit Gemurre. Von klein an machte mir bergauf laufen keinen Spass und das hat sich überhaupt nicht geändert und wenn dann die Luft auf über 4’000 Metern auch noch so dünn ist, ist das Wandern eine doppelte Qual für mich. Aber es ging mir nicht alleine so und auch jüngere hatten grosse Mühe mit der Höhe. Ich war einfach froh, als ich die Menschentraube auf dem Aussichtspunkt erreicht hatte und der Regenbogen nicht unter Schnee lag! Und ja, es hatte viele Besucher am Berg, sehr viele. Mir Pferd, Quad oder Motorrad ist er auch für alle einfach erreichbar. Aber die Farben und die tolle Aussicht hat mir niemand „weg geguckt“. Oder rührt der Farbunterschied zu den Werbeprospekten vielleicht daher??? Der Rückweg zum Wohnmobil machte mir sehr viel mehr Spass.
Mit Winken verabschiedeten wir uns von den Anwohnern des unteren Parkplatzes und tuckerten die 1’000 Kurven ins Tal und auf die Strasse nach Cusco von der wir aber bald abbogen und uns auf den Weg nach Puerto Maldonado machten. Ein letztes Mal überquerten wir einen Andenpass, liessen die letzten schneebedeckten Gipfel hinter uns. Adieu Anden!
Mit jedem Höhenmeter den wir verloren wurde es wärmer. Wir tauchten ein ins Amazonasbecken und anstatt dass ich zufrieden mit all den besuchten Highlights der letzten Wochen war, hatte ich schon wieder etwas Sehenswertes entdeckt. Wir können wegen Filou keinen Aufenthalt in einer Urwaldlodge buchen, aber einen Ausflug zur Lehmlecke der Aras und Papageien vielleicht organisieren. Eigentlich beginnt die Tour um 3 Uhr in der Früh in Puerto Maldonado und um 4:30 wird in Filadelfia auf ein Motorboot umgestiegen. Und hier konnten wir zur Gruppe stossen und so war Filou nicht so lange alleine. Wir hatten die Nacht am Ende der Strasse über dem Fluss verbracht, unter einem grossen Mangobaum.
Pünktlich standen wir am Morgen bereit und bestiegen zusammen mit einem Guide und einem britischen Paar das Boot und tuckerten los. Bei einer Lodge stiegen wir in ein anderes Boot und fuhren nun zu zehnt weiter. Nach einem kurzen Halt bei der Rangerstation des Tambopata-Naturschutzgebietes erreichten wir zu Sonnenaufgang die erodierten Flussufer, wo sich schon bald die Papageien, Sittiche und Aras zum Lehmlecken einfanden. Zu hunderten kamen sie angeflogen, durch ihr Gekreische schon von weitem hörbar. Obwohl ich dachte, wir seien viel näher an den Papageien dran, war der Anblick doch ein Fest für Augen und Ohren. Manche Vögel sassen auf dürren Ästen und suchten die Umgebung nach Feinden ab. Vor allem der Ozelot schlägt hier immer wieder erfolgreich zu und erwischt einen Ara, der grösser ist, als er selber. Gut kam an diesem Morgen keiner vorbei! Das ganze Schauspiel dauert etwa eine Stunde, dann fliegen die Sittiche und Papageien in kleinen Gruppen und die Aras paarweise in den Urwald und fressen sich mit Früchten satt. Für uns war inzwischen ein Tisch aufgestellt worden und wir setzten uns am Flussufer zum Frühstück in den Sand. Dann tuckerten wir wieder flussabwärts zurück zu unserem Wohnmobil in Filadelfia.
Jetzt war ich bereit, Peru hinter mich zu lassen! Wir erreichten die Grenze noch am gleichen Tag, vorschoben aber das Prozedere auf den nächsten Morgen. Jetzt hiess es endgültig Abschied nehmen von Peru. Mein Herz habe ich hier nicht verloren, obwohl das Land voll von wunderschönen Orten, Seen, Bergen, Sehenswürdigkeiten, einer unglaublich alten Geschichte, Ausgrabungen und netten Menschen ist. Vielleicht ist es, weil Peru so bevölkert ist? Überall stehen Häuser und überall werden Äcker bewirtschaftet. Von dem Gewusel hat man erst auf über 4’000 Meter „Ruhe“. Manchmal fand ich die terrassierten Hänge schön, oft sehnte ich mich aber nach unberührter Natur. Auch der herumliegende Müll störte mich sehr. Da fliegen Plastikflaschen aus den Busfenstern und gesellen sich zu den von Hunden und Geiern aufgerissenen Abfallsäcken im Strassengraben. Auch der Bauschutt wird einfach in die Natur gekippt und verunziert Flussufer und Wiesen. Und dann kommt man doch auch in Orte, wo man etwas gegen die Müllflut tut. Es würde also gehen, aber die Anstrengungen wären gross.
Ganz toll finde ich, dass in Peru alles angepflanzt wird: Weizen, Mais, Zuckerrohr, Kartoffeln, Maniok, Bohnen, alle erdenklichen Gemüsesorten, Äpfel, Birnen, Aprikosen, Pfirsiche, Mangos, Papayas, Bananen, Maracuya, Kiwi und Trauben. Das Land kann sich selber ernähren und exportieren auch noch. Die Bauern sind extrem fleissig und in den Bergen ist häufig Handarbeit gefragt. Da verbringen ganze Familien das Wochenende auf dem Kartoffelacker und graben die Kartoffeln von Hand aus! Viele der Äcker sind auch zu klein für einen Traktor, andere können zumindest mit einem Ochsengespann umgepflügt werden.
Und dann die Küche! So lecker und vielfältig haben wir in ganz Lateinamerika nie gegessen. Die Weine aus Peru bekommen von mir einen Daumen nach unten. Viel zu süss für unseren Geschmack, aber man kann auch welche aus Argentinien oder Chile kaufen.
Also Tschüss Peru, ich mag vieles an dir, aber vieles auch nicht.
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