27.9.-20.10.2024
Das Grenzprozedere war sehr einfach gewesen, trotz der nicht vorhandenen Sprachkenntnisse. Wir sprachen einfach Spanisch und hofften, dass wir irgendwie schon verstanden würden… Keiner interessierte sich für Filou und niemand verlangte die Herausgabe unseres Fleisches, Gemüses oder Obstes. Wir waren froh drum, denn vor uns lagen über 800 Km bis Porto Velho und wir wussten nicht, wie die Versorgungslage unterwegs sein würde. Wir brauchten für die Strecke 2 Tage und übernachteten unterwegs bei einer „kleinen“ Tankstellen mitten zwischen LKWs. Spazieren? Nun, der Landstrasse entlang… 20 Minuten in die eine Richtung, 20 Minuten zurück zur Tankstelle. Es gibt bestimmet Schöneres, aber ein wundervoller Sonnenuntergang und vorbeifliegende Papageien versüssten es mir. Und Filou ist es eigentlich eh egal, am liebsten würde er gar nicht laufen gehen. Alter Hund.
Die riesigen Pfützen zwischen den Lastern machten mich etwas stutzig. Hatte ich mich verlesen mit dem Beginn der Regenzeit? Die sollte doch erst Mitte Dezember anfangen!
Der Weg zum kleinen Restaurant gestaltete sich als „um die Pfützen“-Lauf. Dabei musste man gut vorausschauen, um nicht in eine Pfützen-Sackgasse zu geraten. Tja, und dann wollten wir in dem sehr bescheidenen Restaurant Essen bestellen und wir verstanden die Dame nicht, und sie verstand uns nicht. Wir zeigten auf den Grill mit den Spiesschen und sie fragte „complete“? Sim, sim, complete! Was immer das auch sein mochte, wir hatten Hunger! So wurden uns zu den leckeren Spiesschen Bohnen, geröstetes Maniokmehl, Reis und kleingewürfelter Tomaten-Gurkensalat gereicht. Dazu ein grosses Bier zum Teilen. Das sind übrigens die Standartbeilagen in Brasilien. Also, ausser dem Bier. 😉
Am nächsten Tag fuhren wir nach Porto Velho, hauptsächlich durch Weide- und Ackerland. Einmal mussten wie den Rio Madeira per Fähre queren. Es war heiss hier im Landesinneren und wir waren froh um die Klimaanlage in der Fahrkabine. Eigentlich fahren wir lieber mit offenen Fenstern, aber wenn die Strasse unbefestigt ist, staubt es uns zu stark. Fenster zu, Klimaanlage an. Es war schon spät, als wir unseren Schlafplatz auf dem Parkplatz des „Havan“ bezogen. Havan verkauft Kleider, Küchen- und Badeinrichtungen, Elektrische Geräte und Deko. Also ein wundervoller, kühler Zeitvertrieb, auch spätabends noch. In der Nacht ging ein dann gewaltiges Gewitter nieder und es regnete auch am nächsten Morgen. Wie wohl der Zustand der Transamazonica sein würde?
Nach einem Grosseinkauf und Wasser und Diesel tanken machten wir uns auf den Weg nach Humaita, wo wir die Nacht an der Flusspromenade des Rio Madeira verbrachten. Wir beobachten hier in Brasilien viel mehr sehr arme und obdachlose Menschen, als in den andern von uns bereisten Ländern Südamerikas. Aber sie lassen uns in Ruhe und wir trauen uns auch, unser Wohnmobil unbeaufsichtigt zu lassen. Nach 22 Uhr (oder auch 24Uhr) ist Ruhe und wir schlafen gut. Früh am nächsten Morgen fuhren wir zum Fährhafen. Leider fährt die Fähre nur zur vollen Stunde, und wir hatten sie knapp verpasst. So sassen wir in der Schlange und schauten uns um. Am anderen Ufer war der Beginn der Transamazonica zu erkennen, eine rote Erdpiste, die sich steil den Berg von der Anlegestelle hinaufzog. Die sah nicht wirklich trocken aus… War sie auch nicht, aber Emma schaffte den Hang mit Bravour. Nach 500m hatten uns alle nachfolgenden Autos und LKWs überholt und wir hatten die zum Teil glitschige Piste für uns alleine. Ausser es kam mal was von vorne. Dann hiess es, an die schlammigen Strassenränder auszuweichen. Emma hatte nach kürzester Zeit die Farbe der Piste angenommen, Tarnfarbe sozusagen. Rechts und links war Urwald, oder besser gesagt Sekundärwald, denn dieser Wald war ganz bestimmt gerodet worden, wenn auch nur zum Bau der Strasse. Ab und zu fuhren wir an ein paar Höfen vorbei, Kleine Häuser unter riesigen Mangobäumen, darum herum Viehweiden. Als diese Strasse zur Zeit der Militärdiktatur gebaut wurde, war auch die Ansiedlung von Menschengruppen im grossen Stil geplant. Die Willigen erhielten Übersiedlungs-Geld, welches aber die hohen Kosten des Urbarmachens des Landes nicht deckten. So verlief das Projekt im Morast, denn die Strasse war und ist auch nur vier Monate im Jahr wirklich befahrbar! Erst im August trocknet sie aus und im Dezember kommt der nächste Regen. Was wir erlebten war absolut harmlos und in der Mitte gab es immer eine gut befahrbare Spur. Aber schaut euch doch auf YouTube ein paar Videos an! Lustig!!!
Über die kleineren Flüsschen führen nagelneue Holzbrücken. Ich dachte, wir würden jedes mal aufs Neue entscheiden müssen, ob die Brücke unser Gewicht wohl halten würde oder nicht. Aber auch da ging es sehr zahm zu und her. Die alten Brücken lagen zerstört im Flüsschen oder neben der Piste. Drei Mal überquerten wir eine Bundesstaatengrenze und jedes Mal änderte sich der Zustand der Piste. So war der zweite Tag der angenehmste Fahrtag. Aber auch da erstaunte uns die sehr hügelige Gegend. Immer wieder ging es steil bergauf und bergab. Bestimmt ein weiteres Hindernis zur Regenzeit. Schön waren die Seerosenteiche und im Wasser stehenden Palmen. Weniger schön waren die brandgerodeten Gebiete. Trotz des abendlichen Regens (innert weniger Minuten war man klitschnass) schwelten und rauchten noch einige der Brände, wogegen zwei Wochen zuvor noch kaum ein Durchkommen auf dieser Piste war. Wofür wird noch mehr Weideland gebraucht??? Vor allem überwucherten die nicht beweideten Landstriche in kürzester Zeit wieder und verlangten nach neuen Bränden. Ein irrsinniger Kreislauf. Ob wir gerade deshalb ausser Kühen und Hunde wenig Tiere sahen? Keine Wasserschweine, keine Kaimane, wenige Papageien. Am letzten Tag sahen wir dann wenigstens noch etwa fünf Weissschulter-Seidenäffchen mit roten Kussmündchen (Übrigens sahen ihre After etwa gleich aus :)).
Übernachtungsplätze fanden wir neben der Piste. Mal neben einer Brücke am Bach, mal in einer Kies-/Sandgrube für den Strassenbau, mal direkt neben der Strasse. Da ja sehr wenige Autos vorbeifuhren, hatten wir immer eine ruhige Nacht und wurden frühmorgens durch das laute Gezwitscher der Vögel geweckt. An jedem der Tage durchfuhren wir auch eine grössere Ortschaft, sodass wir nie einen leeren Tank befürchten mussten. In diesen Städtchen konnte man alles kaufen: Früchte, Fleisch, Gemüse, Benzin, Viehfutter, Werkzeuge, Traktoren, sogar Festtagskleider und Schmuck. Zudem konnte man zu einem der vielen Friseure gehen oder eine der zig Kirchen besuchen. Da wir ja gut vorgesorgt hatten, fuhren wir nur die Tankstellen an und wieder zum Städtchen raus und in den Dschungel hinein. Nach gut 1’000Km erreichten wir Itaituba am Rio Tapajos: Diese Stadt war ein anderes Kaliber: gross, schmutzig, laut. Nach den friedlichen Nächten im Urwald konnten wir uns nicht vorstellen, hier zu übernachten. So nahmen wir die Fähre über den Fluss und fuhren zu einer riesigen Tankstelle mit allem: saubere Duschen und WCs, ein grosses Restaurant mit Buffet und Souvenirgeschäft und ein riesiger, grösstenteils leerer Parkplatz. Der Abendspaziergang fand auf diesem statt, einmal im Schneckentempo aussen rum und 40 Minuten waren vergangen, während Filou überall was zum Schnüffeln fand.
Wir dachten, ab hier sei die Transamazonica geteert, dem war aber nicht so. Und da es am vergangenen Nachmittag stark geregnet hatte, war die Piste etwas matschig. Plötzlich stauten sich die LKWs in unsere Richtung und wir hatten keine Ahnung, warum. So fuhren wir über Kilometer den anderen PWs nach an ihnen vorbei, mussten ab und zu entgegenkommenden Fahrzeugen ausweichen, bis gar nichts mehr ging. Auch auf der Gegenfahrbahn stauten sich die Fahrzeuge, nicht zuletzt, weil wir ihre Spur benutzt hatten… Polizei und Militär kamen zu Hilfe und versuchten das Chaos zu ordnen, was ihnen nach und nach gelang. Inzwischen hatten wir erfahren, was das Problem war: die LKWs waren im hügeligen Gelände auf der matschigen Piste ins Bergaufspulen und Bergabschlingern gekommen! Und das wegen dem Regen vom Vortag! Was hier wohl zur Regenzeit abgeht?
Die Fahrer nahmen die Situation ganz gelassen, plauderten mit anderen Fahrern und holten ihre Campingstühle heraus. Viele der LKWs haben aufklappbare Aussenküchen und so wurde auch ein zweites Frühstück bereitet und gemütlich verspeist. Nach etwa 3 Stunden war der Spuk vorbei und wir hatten freie Fahrt. Wären wir aber nicht an all den LKWs vorbeigefahren, würden wir vielleicht immer noch dort stehen, der nächste Regen liess nämlich nicht lange auf sich warten! 😉
In Rurópolis verliessen wir die Transamazonica und fuhren Richtung Santarem und zum Schutzgebiet Floresta National do Tapajos. Auf tiefsandiger Piste tuckerten wir durch den Urwald, der auch hier nicht sehr dicht war. Je näher wir dem Rio Tapajos kamen, desto mehr kleine Wohnhütten entdeckten wir zwischen den Bäumen. Einfachste Häuser aus Palmwedel oder Holz. Die Kinder starrten uns grossäugig an und versteckten sich hinter den Büschen. Wir hatten geplant, an einem der weitläufigen, sandigen Flussstrände eine Mittagspause einzulegen und ein „kühlendes“ Bad zu nehmen, aber der Fluss reichte bei weitem nicht an die schönen Strände. Nach dem Sand hätten wir durch Schlamm zum Wasser waten müssen. Wir verzichteten und assen dafür in einer Pousada einen lecker zubereiteten Fisch. Ohne Bad und sehr enttäuscht fuhren wir weiter und besuchten den Ort Belterra, welcher von Henry Ford gegründet worden war. Hier und in Fordlandia wollte der Erfinder im grossen Stil Kautschukplantagen bewirtschaften, um günstige Autoreifen herstellen zu können. Misswirtschaft und technische Weiterentwicklung bei der Reifenherstellung liessen das Projekt aber floppen. Zurück blieben in Belterra die aus den 1920-er Jahren stammenden sehr amerikanisch anmutenden Arbeiterhäuser.
Auf der Suche nach einem Platz für die Nacht fuhren wir zum kleinen Ort Pindobal und siehe da, hier hatte der Fluss reichlich Wasser! Wir gesellten uns zu den einheimischen Touristen, die unter Strohdächern am oder im Rio Tapajos sassen und Bier tranken oder im lauwarmem Fluss planschten. Sogar Filou traute sich bis zum Rücken ins Wasser, so heiss brannte die Sonne! Als sie unterging, leerte sich der Strand, die Kneipen und die Parkplätze, so dass wir als einziges Fahrzeug zurückblieben. Übrigens ist der Fluss hier 13 KILOMETER breit!!!
Am nächsten Tag fuhren wir nicht viel weiter, stellten das Wohnmobil in einer Wohnstrasse von Alter do Chão ab und suchten wieder den Fluss auf. Auch hier sassen wir im Schatten von Sonnenschirmen mit den Füssen im Wasser. Zwar brauchte die Bedienung extrem lange, aber zur Mittagszeit bog sich der Tisch unter gebratenem Fisch und Bier. So lässt es sich gut leben! Schwimmen im Fluss hat einen grossen Vorteil: Man wird dabei nicht salzig. Und wenn man das auch mit Sandstrand haben kann – perfekt! Wir sassen übrigens auf der Liebesinsel „Ilha do Amor“ einer Sandzunge, die zur Regenzeit zu einem Grossteil unter Wasser ist. Um sie zu erreichen, mussten wir durch den Fluss waten und Filou schwamm gezwungenermassen sogar. Von den Strohhütten-Restaurants lugen beim jährlichen Hochwasser nur noch die Dächer aus dem Rio Tapajos und kleine Boote bringen die Besucher hinüber.
Unser nächster Halt war dann endlich Santarem! Hier fliessen der Rio Tapajos und der Amazonas zusammen. Der Amazonas bringt braunes Wasser, der Tapajos relativ klares, grünes und die Vermischung geht nur langsam vor sich, so dass man vom Ufer aus gut die beiden Flüsse lange Zeit erkennen kann. Wir standen an der Flusspromenade gleich neben der Temperaturanzeige… 38°C! Da lief uns der Schweiss herunter und Filou verbrannte sich die Pfoten auf dem heissen Asphalt! Am Nachmittag spazierten wir dann doch noch etwas durch die lebhaften Gassen, immer dem Schatten nach. Kurz vor Sonnenuntergang wimmelte es auf der zuvor beinahe leeren Flusspromenade: Jogger, Spaziergänger und Fahrradfahrer tauchten aus dem Nichts auf und belebten die kilometerlange „Orla“. Ich und Filou mischten uns unters Volk, schauten der untergehenden Sonne zu und bestaunten das Verladen der Amazonasschiffe unten am Flussufer. Oben auf der Promenade stehen von Hand gezogene Holzkarren mit aufgestapelter Ware. Dann kommen die Träger und hieven sich Reissäcke, Obstkisten, Kühlschränke oder weiss der Teufel was auf die Schultern oder den Kopf und eilen die Treppen Richtung Fluss hinunter. Dann geht’s über den Steg oder durch das Flusswasser zum richtigen Schiff, dort die Planke hoch und in den Bauch des Schiffes hinein. Ich hätte stundenlang zuschauen können! Inzwischen war auch die Temperatur gesunken auf angenehme 34° :)! Während ich zurück zum Wohnmobil spazierte, stellten Männer und Frauen auf der Promenade Tische, Stühle und Grills auf. Bald würden hier Leckereien zubereitet werden! Aber wisst ihr was wir gemacht haben, anstatt uns zu den Einheimischen zu gesellen und günstig zu essen? Wir suchten ein Restaurant mit Klimaanlage auf! 🙂 🙂 🙂 Am nächsten Morgen wurden wir durch das Geplauder der Sportler geweckt, die die Kühle des frühen Morgens nutzten. Um 5 Uhr…
Weiter ging die Fahrt und nach einem halben Tag waren wir wieder auf der Transamazonica, der wir für drei Tage folgten. Diese Fahrtage waren lang und anstrengend, manchmal war die Strasse in einem guten Zustand und manchmal fehlte der Belag und die entgegenkommenden oder uns überholenden Fahrzeuge zogen dicke rote Staubwolken hinter sich her. In der Stadt Maraba am Rio Tocantins mussten wir einen Ruhetag einlegen, einkaufen gehen, Wasser auffüllen, ins Restaurant gehen. Auch hier fanden wir eins mit Klimaanlage! 😉 Wir standen wieder an einer Uferpromenade und wurden von unseren Nachbarn mit Kuchen und Geplauder eingedeckt. Es stört übrigens niemand, dass wir sie nicht verstehen. Sie verstehen manchmal etwas von unserem Spanisch und das reicht ihnen. Nach zwei Nächten wurden wir mit Hände schütteln und guten Wünschen für die Reise verabschiedet, als wären wir gute Freunde.
Die vorbeiziehende Landschaft hatte sich verändert, waren wir zuvor durch eine hügelige Gegend gefahren, so fuhren wir jetzt an Tafelbergen und Felsen vorbei. Die Gegend war eher karg und trocken und grosse Flüsse wurden seltener. Eine letzte Nacht verbrachten wir an einem dieser wundervollen Flüsse mit Sandstrand und genossen die Abkühlung am Abend, in der Nacht und am nächsten Morgen. Wir verliessen die Transamazonica und wendeten uns südostwärts. Ich hatte in einem Brasilien-Chat von einem Cânion gelesen, durch den man auf Sandpisten durchfahren könne. Meine Recherchen zeigten, dass er „ganz in der Nähe“ des Nationalparks de Serra da Capivara lag, den wir eh besuchen wollten. Zwei Tage später waren wir am Eingang. Der Cânion befindet sich auf einer privaten Fazenda und auf unsere Frage, ob wir reinfahren und da auch übernachten dürften, erhielten wir ein freundliches „claro que sim“. So fuhren wir noch ein paar Kilometer durch Viehherden bis wir ein schönes Plätzchen für die Nacht fanden.
Ob es sich bei dem Cânion do Viana um einen echten Canyon handelt, ist uns nicht klar. Zwar ist auf dem Navi gleich neben und unter der Piste ein Bach eingezeichnet, Anzeichen eines Gewässers sehen wir aber nicht, ausser den Viehtränke-Tümpeln. Die Sandpiste führte durch Felsformationen hindurch, die wie einzelne Tafelberge aussehen. Flinke Mocós flitzten vor uns die Felsen hoch, Kälber ergriffen panisch die Flucht bei unserem Anblick und die Muttertiere gaben quälend langsam die Piste frei. Jedes Mal dachte ich, dass wir uns gleich im Sand eingraben würden. Was mich aber echt schockierte, waren die etwa 8cm grossen Heuschrecken. Zum Anschauen sind sie faszinierend, aber sobald sie auffliegen, krieg ich die Panik! 🙂 Während Felix am Spazieren war, verirrte sich eine ins Wohnmobil und versteckte sich hinter den Küchentüchern. Ich dachte, sie sei gleich wieder zum Küchenfenster hinausgeflogen und erschrak mich sehr, als sie plötzlich wieder auf dem engen Raum herumflog. Ich schnappte mir eines der Sitzpolster als Schild und Waffe und jagte sie zur Türe raus. Schnurstraks zog ich alle Moskitonetze zu. Schade rauche ich nicht mehr, das wäre eine verdiente Zigarettenpause gewesen!
Gegen Mittag des nächsten Tages waren wir am Ende des wunderschönen Canyons angekommen. Wir hatten drei Möglichkeiten: 1. Umdrehen und zur Einfahrt zurück, 2. Links abbiegen und eine Strasse mit BR-Nummer befahren (Bundesstrasse), oder 3. geradeaus weiterfahren. Umdrehen sagte uns nicht zu, für die BR seien wir zu hoch, wegen tiefhängenden Ästen und so blieb uns nur die 3. Option, die sich als nervenaufreibend und zeitraubend herausstellte. Ich dachte wiederholt, wir würden kippen und ging bei sengender Hitze lieber zu Fuss. Dabei musste ich zuschauen, wie Emma nur auf drei Rädern fuhr und gefährlich schwankte! Dann wurde die Strecke etwas besser, dafür musste ich gefühlt alle paar Meter aussteigen und Kuhgatter öffnen und schliessen und dabei darauf achten, das weder Kuh, Pferd noch Esel hinter Emma durchwischte und auf die falsche Seite des Zaunes geriet. Ich war wieder einmal äusserst erleichtert, als wir eine bessere Piste und bald auch ein Dorf erreichten. Auch von hier aus gab es zwei Wege, die zu unserem Zielpunkt führen würden und wir entschieden uns für die falsche. Ein uns entgegenkommender Motoradfahrer hielt uns nach einer halben Stunde Fahrzeit an und fragte, wo wir hin wollten. Wenn wir hier weiterfahren würden, würden wir in Tiefsand geraten. Kein Auto komme da noch durch. Also fuhr er uns voraus zurück ins Dorf und brachte uns auf den richtigen Weg. Die nächsten Dörfer, durch die wir fuhren waren zugemüllt. Aller Abfall wird dort einfach auf der Strasse vor dem Haus entsorgt. Pferd, Kuh, Schwein und Huhn wühlten darin herum und Kinder spielten darin. Echt grausig! Und wir wurden angestarrt, als ob wir vom Mars kämen. In solchen Orten wollte ich auf keinen Fall übernachten und so fuhren wir weiter und stellten uns neben die Sandpiste, als diese breit genug war. Bald war es stockdunkel und dann fuhr niemand mehr durch die Gegend.
Gegen Mittag des folgenden Tages erreichten wir den Nationalpark Serra da Capivara und fragten beim Eingang an, ob sie uns für den nächsten Tag einen Guide organisieren könnten, denn der Zutritt ist nur begleitet möglich. Das Gespräch gestaltete sich schwierig. Wir könnten am nächsten Morgen um sieben Uhr kommen, dann würde ein portugiesisch sprechender Guide da sein. Oder wir könnten versuchen, einen englischsprechenden aufzutreiben. Wir würden dann mit dem eigenen Fahrzeug fahren und der Hund müsse beim Parkeingang bleiben. Mit diesen Informationen fuhren wir ins nahe gelegene, sehr interessante Naturkundemuseum und danach ins nahe Städtchen zu einem Reisebüro, um nach einem Guide zu fragen. Leider war keiner so kurzfristig für den nächsten Morgen verfügbar. So standen wir am nächsten Morgen um sieben Uhr am Parkeingang, aber da war eine andere Dame und die Erklärungsversuche begannen von Neuem. Nach einigem hin und her griff sie zum Telefon und bestellte einen Führer für uns, der aber erst um 9:30 Uhr da sein würde. Gut haben wir unser Zuhause immer mit dabei und so machten wir es uns auf dem Parkplatz gemütlich und warteten. Pünktlich kam er auf seinem Motorrad angebraust, wir banden Filou im Schatten an und wünschten den Damen viel Vergnügen mit ihm! Er kann sich ja sehr laut und fordernd verhalten… Vor allem lag er genau dort, wo alle Besucher vorbeilaufen mussten, um aufs WC zu gehen! 🙂 Ich sah ihn schon an allen hochspringen…
Unser Guide fuhr uns mit seinem Motorrad voraus. Immer wieder hielt er für einen Spaziergang an und wir besichtigten Unmengen von Felsmalereien. Die ältesten sind 30’000 Jahre alt! Aufgrund der Funde ist man zum Schluss gekommen, dass Amerika nicht zuerst über die Beringstrasse bevölkert wurde (vor 13’000 Jahre), sondern schon viel früher von Afrika aus. Die Funde, die diese Theorie belegen sind einerseits versteinerter menschlicher Kot, der afrikanische Parasiten enthielt und ein gefundener Schädel, der eindeutig typisch afrikanisch Merkmale aufwies. Gefundene Feuerstellen sind erwiesenermassen 22’000 Jahre alt und gefundenes Steinwerkzeug wurde in Erdschichten gefunden, die in den letzten 30’000 Jahre nicht dem Licht ausgesetzt war. Wen es interessiert: In der ZFD-Mediathek ist vielleicht noch die Doku über den Park in der Sendung „Terra X“ abrufbar. Sie wurde am 19.2.2017 ausgestrahlt.
Und wieso heisst dieser wunderschöne, aber sehr trockene Nationalpark „Wasserschwein-Gebirge“? Erdproben haben ergeben, dass hier vor 20’000 bis 30’000 Jahre eine wasserreiche, blühende Landschaft zu finden war, in der auch Wasserschweine lebten. Dies belegen Felsmalereinen und Knochenfunde.
Die Tour durch Teile des Parks war sehr interessant und lehrreich. Google translate war eine grosse Hilfe um überhaupt etwas von den Erklärungen vom Guide zu verstehen, das Museum vom Vortag und das Internet halfen ebenfalls.
Als wir zum Parkeingang zurückkamen, lag Filou brav im Schatten. Er habe sich vorbildlich verhalten, sagten die Damen!!!
Unser Weg führte uns nach Petrolina am Rio Saô Francisco. Wir mussten dringend Wäsche waschen und fanden hier eine Selfservice-Wäscherei. Wir hatten Glück: alle drei Maschinen waren frei und wir hatten in 1,5 Stunden unsere ganze Schmutzwäsche gewaschen und getrocknet. Und 500 Kilometer später und weiter östlich streckten wir vorsichtig unsere Zehen in den Atlantik und stellten erleichtert fest, dass er über 25° Grad warm war! Hier würden wir bleiben!